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Google macht sich seit Jahren gegen das Leistungsschutzrecht stark.

Foto: MIKE SEGAR / REUTERS

Die geplante Reform des Urheberrechts mag derzeit ins Straucheln gekommen sein, abgesagt ist sie damit aber noch nicht. Und das heißt auch, dass sich die davon betroffenen Unternehmen schon mal vorsichtshalber auf die potenzielle Zukunft einstellen – und damit natürlich auch geschickt Lobbyarbeit betreiben.

Rückzug

Google erwägt derzeit, seinen Nachrichtenservice Google News aus Europa zurückzuziehen. Dies bestätigt Jennifer Bernal, bei Google zuständig für Policy-Fragen, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. Das Unternehmen ist seit Jahren ein erklärter Gegner entsprechender Regelungen, und hat sich auch immer wieder öffentlich dagegen stark gemacht.

Ausschnitte

Bei der Linksteuer handelt es sich um eine Neufassung dessen, was bereits unter dem Namen Leistungsschutzrecht in den vergangenen Jahren für einige Aufregung gesorgt hat. Es zielt vor allem auf sogenannte "Snippets", bei denen Suchmaschinen oder Nachrichtenaggregatoren einen verlinkten Text kurz anreißen. Verfechter der Linksteuer sehen darin einen Diebstahl von Inhalten, und wollen diese Praxis komplett verbieten, so der verlinkende Dienst nicht bereits ist, dafür Lizenzzahlungen zu entrichten.

Dies könnte zu einer massiven Einschränkung der Linkfreiheit im Netz, und somit einer Grundfunktion des Internets, führen, warnen hingegen Kritiker. Google selbst argumentiert, dass man im Falle einer solchen Regelung Lizenzverträge mit einzelnen Firmen eingehen müsste. Dies würde vor allem klickstarke Medien bevorzugen, und das Unternehmen dazu zwingen, Gewinner und Verlierer auszuwählen – was nicht die eigene Aufgabe als neutrale Plattform sei.

Erwartbare Reaktion

Das aktuelle Statement von Google stellt ebenfalls keine sonderliche Überraschung dar. Immerhin hatte Google auf eine sehr ähnliche Regel in der Vergangenheit bereits genauso reagiert. Nach der Einführung eines Leistungsschutzrechts in Spanien hat Google im Jahr 2014 seinen Nachrichtenservice in dem Land eingestellt. Die Folge: Laut einer Studie einer spanischen Verlegervereinigung aus dem Jahr 2017 sind die Zugriffe auf lokale Nachrichtenseiten um 13 Prozent zurückgegangen, was einem Umsatzentgang von rund 9 Millionen Euro entspreche.

Auch in Deutschland existiert ein derartiges Leistungsschutzrecht schon jetzt, hatte dort aber ebenfalls einen komplett anderen Effekt als von den Verlegern erhofft: Nachdem Google News die Verlinkung auf deutsche Medien eingestellt hatte, sahen sich die Seiten mit einem starken Einbruch der Zugriffszahlen konfrontiert. Also beeilten sich die Publisher so rasch wie möglich Google News eine Gratislizenz zu erteilen, um hier wieder vorzukommen. Dies ist auch ein Punkt, auf den Google gerne verweist: Man sehe Google News vornehmlich als einen Service, der den Medien Zugriffe zutreibt, nicht als eigenen Plattform für Inhalte.

Ist das alles ernstgemeint?

Bei all dem bleibt allerdings unklar, wie ernst Google die aktuelle Drohung wirklich meint. Denn auch wenn das Unternehmen gerne betont, dass man über Google News selbst keinerlei Geld einnimmt, über die Bindung an die eigenen Dienste profitiert man davon natürlich sehr wohl – wenn auch indirekt. Und da wäre ein kompletter Rückzug aus Europa eine komplett andere Größenordnung als der Verzicht auf ein einzelnes Land wie Spanien, wie François Godard, Medienanalyst bei Enders Analysis betont.

Nicht bloß Google

Google mag sich in die aktuelle Diskussion über die EU-Urheberrechtsreform besonders stark eingebracht haben, das Unternehmen ist aber bei weitem nicht das einzige, das von einer solchen Regelung betroffen wird. Auch andere Firmen wie Apple betreiben eigenen Nachrichtenaggregatoren, und Links in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter wären ebenfalls von einer Linksteuer betroffen.

Auf EU-Ebene hofft man trotz der aktuellen Kontroversen die Urheberrechtsreform in den kommenden Monaten auf den Weg zu bringen. Ob mit oder ohne Linksteuer und den nicht minder umstrittenen Uploadfiltern, muss sich dabei allerdings erst zeigen.

Auch Youtube?

Googles Kampf gegen die Reform betrifft auch seine Videoplattform Youtube. So sieht der Artikel 13, der aktuell im Europaparlament zu einem großen Streitpunkt geworden ist, vor, dass Online-Plattformen im Vorfeld Lizenzen von Rechteinhabern sichern müssen und zudem für die Verletzungen des Urheberrechts durch Nutzer haften. Sogenannte Uploadfilter, die das bereits im Voraus prüfen und die Veröffentlichung verhindern, sind zwar nicht ausdrücklich erwähnt, Kritiker halten sie aber für die wahrscheinlichste technische Lösung.

Mit "Content ID" hat Youtube einen solchen Filter bereits im Einsatz. Youtube-Chefin Susan Wojcicki warnte in einem offenen Brief im November, dass die Reform dazu führen könnte dass sich Plattformen wie Youtube "gezwungen sehen", Inhalte "nur mehr von einer Handvoll großer Unternehmen zuzulassen". Die Neuregelung könne das Internet, wie man es heute kennt, "drastisch verändern". Wojcickis Ankündigung führte zu Panik unter bekannten Youtubern weltweit und dadurch auch zu Unmut bei der jungen Nutzerschaft. (apo, muz, 23.1.2019)