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Während des Wintermärchens haben sich in Deutschland die Fans besonders lieb, sie sind aus dem Häuschen, Handball verbindet.

Foto: AP/Martin Meissner

Köln – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schwärmte vom Charakter der deutschen Handballer, Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, war schlichtweg "fasziniert", und auch einige Fußball-Nationalspieler sorgten als Edelfans in der Köln-Arena für Stimmung: Der Hype um den Siegeszug der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-WM hat längst auch die Größen aus Politik und Sport erfasst.

"Das war ein brisantes Handballspiel, das bis zur letzten Sekunde spannend war. Das Halbfinale ist erreicht, warum nicht auch mehr?", sagte Steinmeier nach dem umkämpften 22:21 gegen Kroatien, durch das die DHB-Auswahl das Erreichen der Vorschlussrunde perfekt gemacht hatte. Grund für die landesweite Begeisterung seien "auch die Typen, die Leistung zeigen und den unbändigen Ehrgeiz und die Freude am Spiel mitbringen".

Das Team von Bundestrainer Christian Prokop schwimmt auf einer Welle der Euphorie. 19.250 Zuschauer in Köln, darunter reichlich Fußballprominenz wie Matthias Ginter, Sebastian Rudy, Jonas Hector oder auch Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel, brüllten und klatschten das DHB-Team zum Sieg gegen Kroatien. In den Wohnzimmern der Republik verfolgten im Schnitt 10,02 Millionen Zuschauer (Spitzenwert 13 Millionen) den Handballkrimi, der Marktanteil lag bei 30,4 Prozent, für das ZDF bedeutete dies eine Rekordquote.

Parallelen zu 2007

Die Mannschaft begeistert, die Fans im schwarz-rot-goldenen Jubeltaumel, Loblieder von allen Seiten, zwar fehlt (noch) der Titel, die Parallelen zum Wintermärchen 2007 sind dennoch unübersehbar. "Es ist wie 2007", sagte Heiner Brand, Bundestrainer beim Gewinn des WM-Titels vor zwölf Jahren: "Das ist eine sensationelle Stimmung. Das treibt die Mannschaft nach vorne und lässt die Müdigkeit vergessen. Es lässt sie immer wieder aufstehen. Das beeindruckt den Gegner und die Schiedsrichter." Ähnlich empfindet Markus Baur, damals Kapitän der deutschen Auswahl, den enormen Zuspruch. "Es ist gigantisch. Das ganze Land fiebert mit."

Die Defensive der Deutschen ist der Schlüssel zum Erfolg. Das Finale findet trotzdem in Dänemark statt.
Foto: APA/AFP/Stollarz

Auch König Fußball ist längst infiziert. Klubs und Spieler ließen es sich nicht nehmen, dem DHB-Team zu gratulieren. "Meine herzlichsten Glückwünsche zum Erreichen des Halbfinales an die deutsche Handballnationalmannschaft", schrieb 2014er-Weltmeister Thomas Müller. Eintracht Frankfurt konnte sich einen Verweis auf seinen kroatischen Torjäger Ante Rebic nicht verkneifen: "No Rebic, no party, Glückwunsch @DHB-Team, großartige Leistung!", war auf dem Twitter-Account des Bundesligisten zu lesen. Handball-Deutschland, so die Hoffnung bei Verband und Liga, soll langfristig von der Begeisterung profitieren.

"Wir werden eine große Euphorie haben und einen größeren Zuspruch bekommen. Wir müssen bessere Ergebnisse erzielen als 2007", sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga. Vor zwölf Jahren habe man sich nicht "auf die Situation eingestellt". Jetzt sei man "systematischer unterwegs".

Übersiedlung

Am Mittwoch spielen die Deutschen in Köln gegen Spanien um den Gruppensieg, die Franzosen sind auch fix weiter. Aus der anderen Gruppe hat Dänemark die besten Chancen, der Co-Gastgeber kann sich gegen Schweden sogar eine Niederlage mit vier Toren Differenz erlauben. Norwegen hat ebenfalls hervorragende Chanchen. Das Semifinale findet am Freitag in Hamburg satt, das Endspiel steigt am Sonntag allerdings in Herning, in der dänischen Handballhochburg. Prokop: "Das ist der einzige Fehler dieser WM."

Es gab freilich auch einen zweiten, Spielmacher Martin Strobel erlitt gegen Kroatien einen Kreuzbandriss. Prokop war den Tränen nahe und versprach: "Wir wollen für ihn fighten und spielen jetzt vor allem für ihn." (red, sid)