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Die ersten Minenarbeiter wurden am Donnerstag in den Schacht hinuntergelassen.

Foto: REUTERS/JON NAZCA

Totalan – Die Bergung des zweijährigen Julen aus einem Brunnenschacht in Südspanien ist nach elf Tagen in die entscheidende Phase getreten. Ein achtköpfiges Team von Bergarbeitern nahm am Donnerstagabend seinen Einsatz in einem etwa 80 Meter tiefen Rettungsloch auf. Die Männer sollen vom Grund des in den vergangenen Tagen gebohrten Parallelschachts einen waagrechten Tunnel zu der Stelle graben, an der der Zweijährige vermutet wird. Das kann Experten zufolge bis zu 24 Stunden dauern.

Wegen der extrem schwierigen Umstände hatte sich der Einsatz der Spezialisten immer wieder verzögert. Gegen 18 Uhr wurden die ersten beiden Bergarbeiter in einer an einem Kran befestigten Kapsel in den Schacht herabgelassen, berichteten spanische Medien unter Berufung auf die Einsatzkräfte im andalusischen Totalán.

Die Kumpel sollten sich jeweils in Zweierteams für etwa 30 bis 40 Minuten unter anderem mit Spitzhacken, Schaufeln und Presslufthämmern vorarbeiten und dann abgelöst werden. Sie seien mit Sauerstoffmasken ausgerüstet und telefonisch mit den Kollegen oben in Kontakt. Die Bedingungen seien extrem, wegen der Enge könnten die Männer nur kniend oder liegend graben.

Seit 13. Jänner in Schacht

Das Kind soll am 13. Jänner bei einem Ausflug mit seinen Eltern in den 107 Meter tiefen, illegal gegrabenen Schacht gefallen sein. Weil das Loch nur einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentimetern hat, hatten die Retter entschieden, einen parallelen Schacht auszuheben, um zu Julen vorzudringen. Er wird in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern vermutet. Allerdings gibt es seit elf Tagen überhaupt kein Lebenszeichen des Buben. In Gasthäusern, Cafés und Büros im ganzen Land wird immer wieder in die Runde gefragt: "Und wenn der Kleine nicht im Loch ist?"

Diejenigen, die an der Suche beteiligt sind, wollen keine Diskussion aufkommen lassen. Die Vizedelegierte der Zentralregierung in Andalusien, María Gámez, sagte mehrfach unter Berufung auf die Experten am Cerro de La Corona, man habe "Gewissheit", dass der Bub in dem Loch sei. "Ich bin mir sicher, dass wir von hier nicht ohne Julen weggehen werden", betonte sie.

Zunächst hatte man sich auf die Aussagen des Vaters und einer Tante verlassen müssen, die nach eigenen Angaben gesehen hatten, wie das Kind in das Loch fiel. Die Retter fanden im Schacht bald ein Sackerl mit Süßigkeiten, die Julen bei sich gehabt hatte, und wenig später auch Haare des Buben.

"Mein Sohn ist im Loch"

"Ich habe mich auf die Öffnung gestürzt, und er war nicht mehr da. Ich habe ihn weinen gehört, aber bald habe ich ihn nicht mehr gehört", sagte Vater José, ein arbeitsloser Marktverkäufer. Im Interview mit der Zeitung "Diario Sur" beteuerte er: "Mein Sohn ist da, das soll niemand anzweifeln."

Unterdessen war ab dem Abend eine Nachtwache geplant, "damit Gott dieses Wunder vollbringt und er den Bergarbeitern, Julen und seinen Eltern Kraft gibt", zitierte das spanische Fernsehen Juan José Cortés, der der Familie seit Tagen beisteht. Seine eigene fünfjährige Tochter war vor zehn Jahren nach wochenlanger Suche ermordet aufgefunden worden. (APA, 24.1.2019)