Fortschreitende Digitalisierung, weitere Beschleunigung und Ad-hoc-Arbeiten befördern aktuell das Wegdrängen von Müttern.

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Wir wissen es seit so vielen Jahren. Frauen, die Kinder wollen und einen guten Job machen, haben ein Problem. Wir haben in der öffentlichen Diskussion auch grauenvolle Bezeichnungen dafür, etwa "Karrierekiller Kind". Jetzt zeigen die faktischen Belege, was die Wirklichkeit in Österreich ist: kurzfristig 80 Prozent weniger Einkommen für junge Mütter. Nach zehn Jahren hat sich das Minus auf rund 50 Prozent verfestigt, wie ein internationales Forscherteam aktuell nachweist.

Wir wissen, wie es ist, und wir wissen, warum es so ist. Karrierenforscher Guido Strunk hat es klar formuliert, als er schon vor zehn Jahren an der Wiener Wirtschaftsuni seine Studien über die Berufswege von Absolventinnen unter dem Titel "Eine Frau muss ein Mann sein, um Karriere zu machen" vorlegte. Quintessenz: selbe Ausbildung, selbes Joblevel wie die Männer, keine Unterbrechungszeiten – sehr bald klafft ein jährlicher Gehaltsgap in Höhe eines Kleinwagenpreises.

Richtig zur Sache geht es für Frauen aber dann erst mit Kindern. An diesem Punkt im Leben – rund um 30 bis 35 Jahre – brechen die Berufsbiografien von Frauen, die selbstständig und selbstgestaltend einen guten Job machen wollen. Nennen wir es weiter: Karriere. Dann geht der Gutteil der Investments, der Anstrengung verloren. Zuerst kommt der Teilzeitzwang. (Klar, wenn fast 50 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Österreich in Teilzeit arbeiten, dann schlägt das auf die Einkommensstatistik.) Dann folgt sehr oft die Teilzeitfalle. Oder der berufliche Rückschritt, ein Arbeiten in Dequalifikation. Damit sind wir in der Periode minus 50 Prozent Einkommen. Was das für das Auskommen im Alter bedeutet, ist schon klar – aber was soll Frau tun?

Präsenzkultur

Mit der männlich geprägten Präsenzkultur, mit Besprechungen irgendwann, mit Netzwerkinvestments ist nicht mehr mitzuhalten. Dem täglichen Kampf, es genauso gut zu können, geht die Energie aus. Diese Frauen sind leicht abzuhängen – ein "hormonelles Problem", würde Mann gerne sagen. Er denkt es sich.

Fortschreitende Digitalisierung, weitere Beschleunigung und zunehmendes Ad-hoc-Arbeiten (Gig-Economy) befördern aktuell das Wegdrängen von Müttern. Der Ausbau qualitätsvoller Kinderbetreuung ist eine gute, wichtige Gegenkraft. Aber nicht das Gegengift. Gib deine Kinder halt in Betreuung! "Wegmanagen" ist nicht Vereinbarkeit. Diese benötigt Gleichstellungskultur und Wahlfreiheit für alle. Sonst bleibt nur die Vereinbarkeitslüge.

Dass alles individuell unter einen Hut zu kriegen aber weiter Frauenthema ist, zeigt die aktuelle Studie sehr klar. Schlimm fällt der Befund für Unternehmen und ihre Dominanzkulturen aus. Zuerst offenbar nach wie vor die Angst, "die könnt' ja schwanger werden", daher sachte, sachte mit der Beförderung. Dann "Dein Kind ist dein Problem". Kein Wunder, dass Firmen klagen, dass ihnen die Frauen an bestimmten Punkten aussteigen. Und zwar dort, wo Vereinbarkeit ein Frauen- statt ein Managementthema ist. Dabei kommt jetzt auf die Wirtschaft in der alternden Gesellschaft noch das riesige Pflegethema dazu.

Es ist doch sonnenklar, was gegen den Fachkräftemangel zu tun ist. Und was passiert, wenn alte Machtstrukturen in neue Zeiten brutal weiterzementiert werden. Gut ausgebildete junge Generationen heuern ohne Work-Life-Balance erst gar nicht an. Sehr, sehr schlecht für die Zukunft. (Karin Bauer, 25.1.2019)