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Wer sich nachhaltig ernähren will, sollte nicht nur auf Bioqualität achten, auch Regionalität und Saisonalität spielen eine große Rolle.

Foto: Reuters/MICHAELA REHLE

Wien – Es ist nicht unbedingt der Ort, den man auf Anhieb mit Nachhaltigkeit in der Gastronomie in Verbindung bringen würde. Die Gastrobetriebe rund um Gründerin Elisabeth Kolarik – dazu zählt etwa die Luftburg im Wiener Prater – sind vor allem für große Stelzen und Grillteller bekannt. Seit Jänner werden diese – wie auch das restliche Sortiment – ausschließlich mit biologischen Zutaten zubereitet. So auch die Rostbratwürstel, die ganz ohne Fleisch auskommen.

Denn Bioqualität und eine Auswahl an vegetarischen Speisen sind Voraussetzungen für das Gütesiegel, das seit vergangenem Jahr von der Stadt Wien an Gastrobetriebe – wie jenen von Kolarik – vergeben wird. Derzeit befindet sich das Förderprojekt noch in der Pilotphase und soll sukzessive ausgebaut werden.

Makelloses Gemüse und billige Henderln

Gerade in der Gastronomie gebe es in puncto Nachhaltigkeit Luft nach oben, sagten Umwelt- und Lebensmittelexperten am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion. "Dabei kann die Gastronomie einen großen Beitrag leisten", meint auch Kolarik selbst. Kunden hätten auf die Umstellung positiv reagiert, schwieriger gestaltete sich der Einkauf: "Nur mit Bauern hätten wir das nicht geschafft", sagt die Gastronomin. Und auch im Handel waren große Mengen in Bioqualität anfangs nur schwer erhältlich. Dort würde das Thema Nachhaltigkeit nur langsam Anklang finden: Nach wie vor muss Gemüse makellos sein, der Lauch etwa zu einem gewissen Prozentsatz weiß, kritisiert Kolarik. "Wenn ein Huhn im Großhandel 4,99 Euro kostet, muss irgendwer unfair behandelt werden – das Tier oder der Bauer."

Auch in der Bevölkerung sei ein Umdenken notwendig, sagt der ehemalige Metro-Geschäftsführer Arno Wohlfahrter. Viele Menschen hätten verlernt, wann welche Obst- und Gemüsesorten Saison haben und wie alte Sorten, die in Österreich im Winter wachsen, gekocht werden. An diesem Punkt wären auch Schulen gefragt, Ernährung und Kochen bereits im Volksschulalter in den Lehrplan zu integrieren.

Kontakt zu Produzenten verloren

"Wir haben den Kontakt zum Produzenten verloren", meint auch Wolfgang Palme, der das gartenpädagogische Projekt "City Farm" im Augarten leitet. Dafür wären Plattformen zur Direktvermarktung notwendig, damit sich Konsumenten über Produkte informieren können. Großes Potenzial dafür sieht Dagmar Gordon von Global 2000 in der Stadtplanung. So könnten – mit entsprechender Planung und Förderung – etwa in neuen Stadtteilen wie dem Wiener Nordbahnviertel oder der Seestadt Räume für Bauernmärkte entstehen.

Der verlernte Umgang mit Nahrungsmitteln würde sich nicht zuletzt im Wegwerfverhalten der Österreicher widerspiegeln, sagen die Experten. Wiener werfen pro Jahr durchschnittlich 40 Kilogramm Lebensmittel weg, die eigentlich noch gegessen werden könnten.

Doch auch Bio ist kein Allheilmittel für nachhaltige Ernährung, sagt Palme. "Und auch Regionalität alleine ist nicht genug." Konsumenten würden in kalten Monaten häufig zu "aufwendig produzierten Regionalprodukten" greifen, die im Winter oft weniger nachhaltig sind als importiertes Obst und Gemüse. So hat etwa ein Kilo Tomaten aus einem heimischen Glashaus einen ökologischen Fußabdruck von rund 1,5 Kilogramm CO2-Äquivalent. Der Fußabdruck importierter Paradeiser aus Spanien ist hingegen nur ein Drittel dessen. Der Anbau im Glashaus führt außerdem zu einem Verlust von Ackerböden, sagt Gordon. Im Idealfall sollten Konsumenten im Winter einfach ganz auf Tomaten verzichten, meint Palme: Ein Kilo heimischer Tomaten, die im Frühsommer ohne Heizung reifen, verursacht immerhin nur 0,1 Kilogramm CO2-Äquivalent. (lauf, 25.1.2019)