Kurz fordert ein neues europäisches Selbstbewusstsein.

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Davos – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos betont, dass Reformen sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf europäischer Ebene notwendig seien. Es brauche "ein neues europäisches Selbstbewusstsein", forderte der österreichische Bundeskanzler; viele Herangehensweisen in der EU seien von einer "depressiven Art" geprägt. Vielmehr brauche es "einen höheren Anspruch", damit Europa beispielsweise bei der Elektromobilität weltweit denselben Stellenwert bekomme wie bei Verbrennungsmotoren. Hier müsse es eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der EU geben.

Kurz sieht es daher kritisch, dass "die Gräben in der EU" etwa durch die Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen zwischen den Mitgliedsstaaten immer tiefer würden.

Brexit: Zumindest "Plan B"

Beim Brexit hoffe er, dass es nun zumindest gelinge, eine Einigung auf einen "Plan B" zu erzielen, so Kurz. Die EU-27 hätten alles getan, um auf einen harten Brexit vorbereitet zu sein. "Die ganze Europäische Union kämpft geschlossen gegen diesen 'Hard Brexit' an." Das Datum des Austritts Großbritanniens könne aber verschoben werden, "wenn es notwendig ist" – dies müsse aber von Großbritannien verlangt werden. Die "EU-Wahl sollte aber der maximale Termin" dafür sein, so Kurz.

In der Europäischen Union müsse es allerdings generell gelingen, die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Ebenso müssten sich alle an gemeinsam gefasste Beschlüsse halten, "sei es im Bereich der Budgetpolitik, beim Dublin-Abkommen oder auch der Rechtsstaatlichkeit", so Kurz. Es sei allerdings problematisch, andere als moralisch unterlegen darzustellen. So sei etwa Polen breiter als die derzeitige polnische Regierung – das bedeute aber nicht, dass beim Thema Rechtsstaatlichkeit Kompromisse gemacht werden dürften. "Ob ein Land bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen oder nicht, hat aber nichts mit dem Thema Rechtsstaatlichkeit zu tun", so Kurz.

Auch bei "der Vergabe von Großprojekten in der Infrastruktur" dürfe in Europa nicht immer der Billiganbieter gewählt werden – stattdessen müsse man versuchen, europäische Anbieter zum Zug kommen zu lassen. "Wir sollten wieder der Kontinent der Unternehmensgründungen werden", forderte Kurz. Denn: Europa sei im globalen Vergleich in einer beneidenswerten Lage. Europa sei "der lebenswerteste Platz der Welt." (red, APA, 25.1.2019)