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Auf die neue Doppelspitze von Renault kommen knifflige Aufgaben zu: Jean-Dominique Senard (li.) und Thierry Bolloré nach ihrer Bestellung.

Foto: Reuters/PHILIPPE WOJAZER

Nur keine Wellen schlagen: Nach dieser Devise scheint der Renault-Verwaltungsrat am Donnerstag in Boulogne-Billancourt bei Paris eine neue Führung bestimmt zu haben. Präsident des Gremiums wird Jean-Dominique Senard, bisher Vorsitzender des Reifenproduzenten Michelin.

Der hagere 65-Jährige gilt als diskreter und sozial verträglicher Gentleman-Manager aus bestem Haus. Er steht nicht nur mit den Gewerkschaften auf gutem Fuß, sondern auch mit Staatspräsident Emmanuel Macron, der dank des Staatsanteils von 15 Prozent und 22 Prozent der Stimmrechte am Renault-Kapital ein Wörtchen mitzureden hatte. Generaldirektor wird Thierry Bolloré, wie das der Verwaltungsrat schon 2018 vorgesehen hatte.

Ghosn noch in Haft

Das Führungsduo ersetzt Carlos Ghosn (64), der die beiden Funktionen des Verwaltungsrats- und Konzernvorstehers nicht nur bei Renault, sondern auch bei deren japanischen Partnern Nissan und Mitsubishi ausgeübt hatte. Am Mittwochabend hatte er aus seiner Haftzelle in Tokio, wo er wegen schwerer Veruntreuungsvorwürfe einsitzt, seinen Rücktritt eingereicht. Die Anschuldigungen der japanischen Staatsanwaltschaft hatten zum Verlust von Ghosns Funktionen bei Nissan und Mitsubishi geführt. Jetzt kommt auch die französische Seite zum Schluss, dass der aus Brasilien und dem Libanon stammende Patron keine Chancen hat, in Bälde auf freien Fuß zu kommen oder sich des Strafverfahrens zu entledigen.

In Paris herrscht bis heute Konsternation, dass ausgerechnet der schillernde Spitzenpatron, der in Japan wie Frankreich Starstatus genoss und jährlich sieben Millionen Euro plus Zulagen verdiente, über seine persönliche Raffgier gestolpert ist.

"Essenzielle" Allianz

Senard bezeichnete es am Donnerstag als seine Prioritäten, Renault wieder eine Führung zu geben und mit den Japanern ins Gespräch zu kommen. Die Allianz Renault/Nissan sei "essenziell". Senards äußerst diplomatische Worte machten am Donnerstag klar, wie schwer es die Franzosen in Tokio haben werden, ihre Vorrechte in der Allianz zu wahren oder ein Aufbrechen der Allianz zu verhindern. Die Berufung Senards und Bollorés ließ den Aktienkurs von Renault nur um gut ein Prozent steigen. (Stefan Brändle aus Paris, 24.1.2019)