Sie nennen sich "Freemen on the Land", Reichsbürger, Souveräne, "One People's Public Trust" (OPPT) oder eben "Staatenbund Österreich", dessen Führungsriege derzeit am Grazer Straflandesgericht der Prozess gemacht wird. Die Anklage: Hochverrat und Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung. Am Donnerstag fand die Beratung der Geschworenen statt, das Urteil steht am Freitag fest.

Was all diese Bewegungen verbindet, ist ihr Hass auf die Gesellschaft, deren Institution, den Rechtsstaat. Sie wähnen sich als freie Bürger, die nach eigenen Gesetzmäßigkeiten, einem "Common Law" – einer Art Naturgesetz – leben wollen. Sie lehnen die Rechtshoheit des Staates strikt ab.

"Irregeleitet"

Sie sind der festen Überzeugung, dass der Staat über ein Milliardenvermögen verfüge, das allen Bürgern gehöre, und dass jeder über ein Treuhandkonto verfüge. Daher bräuchten auch eventuelle Schulden bei Banken nicht zurückgezahlt werden, da die Kredite ohnehin eigenes Geld seien. Gerichtsvollzieher wurden bedroht und zu eigenen "Gerichtsverhandlungen" vorgeladen.

Verteidiger im Grazer Prozess nannten die 14 angeklagten "Staatenbündler" einen "irregeleiteten Haufen an der Grenze zur Unzurechnungsfähigkeit". Was zu der grundsätzlichen Frage führt: Sollen diese Bewegungen wegen "Unzurechnungsfähigkeit" also eher ignoriert werden?

Bedrohlicher Druck

"Nein, sicher nicht, diese Bewegungen zu ignorieren wäre ein Riesenfehler. Ihre Ideologie und ihr Handeln sind eindeutig eine Gefährdung der Demokratie", sagt die Psychologin Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sekten im Gespräch mit dem Standard.

Die Wissenschafterin beschäftigt sich seit Jahren mit dem Phänomen der Staatsverweigerer.

Die Tatsache, dass Gruppen wie der "Staatenbund" Parallelstrukturen aufbauen mit eigenen Gesetzen, Verwaltungen und Gerichten, sei "ohne Zweifel gefährlich", sagt Schiesser. In zahlreichen Gesprächen mit Opfern sei deutlich geworden, wie sehr diese Staatsverweigerer etwa auf unliebsame Beamte bedrohlichen Druck ausübten. Bisher seien Staatsverweigerer noch weitgehend unbewaffnet geblieben, aber bei deren erhöhtem Hasspotenzial seien auch tätliche Übergriffe letztlich nicht auszuschließen.

20.000 Sympathisanten

Die Bewegungen hätten in den vergangenen Jahren beachtlichen Zulauf bekommen. In Gasthäusern auf dem Land, wo der "Staatenbund" seine Versammlungen abgehalten habe, seien jeweils 70 bis 100 Interessierte gekommen. Österreichweit könne man damit rechnen, dass sich rund 20.000 Sympathisanten für die Staatsverweigererideologie interessieren, sagt Schiesser. Wobei mit den ersten Gerichtsverhandlungen und Verurteilungen der Zulauf etwas abgeebbt sei. "Viele sehr Naive, die wirklich geglaubt haben, dass sie ihre Kredite nicht zurückzahlen müssen, sind jetzt nicht mehr dabei", sagt die Psychologin.

Ideologisch zuordnen könne man die Mitglieder der staatsfeindlichen Verbindungen nicht mehr. Das Spektrum reiche von extrem rechts bis ganz links. "Es sind in erster Linie frustrierte Bürger, die dem Staat nicht mehr trauen, oft naiv und leicht entflammbar für Verschwörungstheorien, so absurd sie auch sein mögen. Menschen sind eben nicht logisch, sondern von Emotionen gesteuert", sagt Schiesser. (Walter Müller, 25.1.2019)