Am 27. Jänner jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee zum 74. Mal. Ein Jahrestag, den die Uno 2005 zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ernannte und der auch der Gefahr einer Wiederholung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit entgegenwirken soll. Ein Anlass, der zur Frage verleitet, warum die Geschäftemacherei mit Nazi-Memorabilien weltweit geduldet wird. Etwa in den USA, wo ein Notizbuch von Josef Mengele einmal für 50.000 Dollar verkauft wurde und vergangene Woche ein Grundriss des KZ Auschwitz den Besitzer wechseln sollte.
Tatsächlich ist dieser Markt kaum reglementiert. Sieht man von Österreich ab, wo der Handel von Gegenständen mit NS-Symbolen oder Propagandaschriften gegen Gesetze verstößt. Laut einer 2012 vom Mauthausen-Komitee publizierten Broschüre geht es um Bestimmungen, die im Abzeichengesetz, dem Verbotsgesetz oder Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen verankert sind. Das bloße Anbieten wird demnach als Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes gewertet.
Große Nachfrage
In Deutschland würde man sich damit nicht strafbar machen. Dort liegt es an der Auslegung der zugehörigen Paragrafen im Strafgesetzbuch, die, im Hinblick auf verfassungswidrige Organisationen, die Verbreitung von Propagandamitteln sowie das Verwenden von Kennzeichen regeln. Jedoch gelten weder das Anbieten noch das Verkaufen in der Praxis als "Verbreitung" oder "Verwendung". Einzig wer wiederholt mit Hakenkreuz-Orden oder SS-Utensilien handelt, wird mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen müssen.
Die einst hauptsächlich auf Flohmärkten abgewickelten Geschäfte haben sich längst ins Internet verlagert. Eine für Verkäufer weit profitablere Plattform, da dort die internationale Klientel anzutreffen ist. Viele Anbieter verschanzen sich hinter Pseudonymen, andere haben sich auch offiziell auf dieses Segment spezialisiert. Sie sind vorwiegend in England oder in den USA tätig, wo über die Nachfahren ehemaliger Besatzungssoldaten große Mengen auf den Markt kommen. Laut Brancheninsidern stieg die Nachfrage zuletzt, befeuert durch TV-Dokumentationen und Filme über den Zweiten Weltkrieg.
Nationalistisch Gesinnte sollen als Käufer kaum ins Gewicht fallen, hauptsächlich handle es sich um historisch interessierte Personen, teils auch solche jüdischer Herkunft. Letztere sammeln im Hinblick darauf, dass die Gräuel der NS-Zeit niemals in Vergessenheit geraten mögen. Wie jener orthodoxe Jude, der 2010 erwähntes Mengele-Notizbuch ersteigerte und dessen Großmutter einst Auschwitz überlebte.
Meisterfälscher Kujau
Was es mit dem aktuell von Milestone Auctions (Willoughby, Ohio) angebotenen Grundriss des KZ auf sich hat, der unverkauft blieb? Laut der Originalbezeichnung handelt es sich um einen 1939 datierten Plan zu einem Bausteinwerk in Salzburg. Betrieben wurde dieses von Josef Janisch, dem für Auschwitz verantwortlichen Leiter des Baureferats.
Den höchsten Zuschlag des NS-Sortiments verzeichnete diese Online-Auktion bei 15.000 Dollar für einen vermeintlich von Adolf Hitler gemalten Blumenstrauß. Eine Fälschung und nicht die einzige, berichtet Bart F. M. Droog in einem Artikel (The Post Online, 15. 1.). Der niederländische Journalist forscht zu Hitler-Fakes und plant eine fundierte Publikation. Denn der überwiegende Teil der in einem 1983 erschienenen Werkverzeichnis erfassten Aquarelle, Zeichnungen und Ölbilder sei von fremder Hand, so auch das im April 2018 in Nürnberg verkaufte Porträt einer jungen Frau (der STANDARD berichtete).
Dazu gehören weiters vier Zeichnungen, die jetzt ebenfalls in Ohio versteigert wurden: etwa der Entwurf für ein Ehrenmal eines "arischen Germanen" (925 Dollar) mit der Jahresangabe 1940 und Hitlers Unterschrift. Also weniger Signatur als eine Freigabe? Konkret für eine Statue des Salzburger Bildhauers Josef Thorak? Nein, dabei handle es sich wie bei den anderen drei Blättern und einem Brief an Himmler um Fälschungen: geschaffen von Konrad Kujau, ist Droog überzeugt und verweist auf die Bestätigung des Kujau-Museums nahe Stuttgart. Der 2000 verstorbene Fälscher der Hitler-Tagebücher führte außer den Medien auch Sammler hinters Licht. Mit seinen Kreationen, die den Markt vor Jahrzehnten infiltrierten, war er der wohl größte Profiteur dieses fragwürdigen Hypes. (Olga Kronsteiner, Album, 26.1.2019)