Nur das Wasser setzt der Stadt eine Grenze. Wer auf der Aussichtsplattform des New Yorker Rockefeller Center steht, sieht nichts als Beton, Himmel, den Central Park und das Meer. Selbst nach oben hin scheint es kaum ein Limit zu geben, höchstens die Gesetze der Statik. Auch landeinwärts ist nur eine Häuserwüste zu sehen, nicht einmal hier, im 70. Stock und 260 Meter vom Erdboden entfernt, ist am Horizont das Ende der Stadt in Sicht.

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Blick aus dem Hubschrauber auf Midtown Manhattan (Oktober 2018)
Foto: Christopher Furlong/Getty Images/AFP

Die Metropolregion ist es längst, die Stadt New York ist kurz davor, eine zu werden: eine Megacity – per Definition eine Stadt oder ein megaurbaner Raum mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Aktuell gibt es 31 solcher Regionen weltweit. Bis ins Jahr 2050 soll die 50er-Marke geknackt werden. 2,5 Milliarden Menschen ziehen bis dahin zusätzlich in urbane Gebiete. Somit leben dann zwei von drei Erdbewohnern in einer Stadt.

Die größten Städte der Welt

Die historischen und prognostizierten Daten basieren auf den "2018 Revision of World Urbanization Prospects" der UN-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten (Desa). Eingezeichnet sind die im Jahr 2035 voraussichtlich 100 größten Stadtregionen der Welt und ihre Entwicklung in Fünf-Jahres-Schritten seit 1980.
Farbskala: rosa: weniger als eine Million Einwohner und Einwohnerinnen // grün: 1 Mio. bis 4,99 Mio. // gelb: 5 Mio. bis 9,99 Mio. // blau: Megastadt (ab 10 Mio. Einwohner und Einwohnerinnen). Die Karte kann gezoomt werden. Im Pause-Modus werden bei Mouseover (bzw. mobil bei Antippen) Informationen zur Metropolregion und ihrer Population sichtbar.

Wöchentlich ein Manhattan bauen

Städte wachsen so schnell wie nie zuvor und müssen schon heute reagieren, zuallererst mit genügend Wohnraum. Denn von heute an gerechnet müsste wöchentlich ein Manhattan gebaut werden, um den hinzukommenden Stadtbewohnern ein angemessenes Zuhause zu bieten. Doch dazu wird es nicht kommen. Schon jetzt lebt in den größten Städten der Welt eine Vielzahl der Bewohner in Favelas, Townships und Ghettos. "Es ist eine exponentielle Dynamik, die die administrativen Grenzen und Möglichkeiten von Stadtverwaltungen überschreitet", sagt Yuri Kazepov, Stadtsoziologe an der Uni Wien. Die Folgen sind Ghettoisierung, Umweltverschmutzung und soziale Segregation.

Delhi löst Tokio ab

Probleme, die in Zukunft stark zunehmen werden, vor allem in den Schwellenländern. Schon jetzt gibt es dort die meisten Megastädte. 90 Prozent des Wachstums bis 2050 finden in Asien und Afrika statt. Allein Indien, China und Nigeria werden mit 860 Millionen Menschen für 35 Prozent des Zuwachses der städtischen Bevölkerung verantwortlich sein. Für das Jahr 2028 prognostizieren Experten einen Wechsel an der Spitze der Rangliste der Metropolen, dann wird die aktuell größte Stadt der Welt, Tokio, von Delhi abgelöst.

Tokio ist derzeit die größte Stadt der Welt (Archivbild vom Jänner 2017).
Foto: APA/AFP/KAZUHIRO NOGI

Unter den 100 größten Städten im Jahr 2050 werden auch Istanbul, Paris, London und Madrid sein. "Europäische Städte sollten Vorreiter sein, sich überlegen, wie die Probleme der globalen Megacities gelöst werden können", sagt Steffen Braun, der am Fraunhofer-Institut in Stuttgart an der Stadt von morgen forscht. Er ist überzeugt, dass Digitalisierung und smarte Technik die Effizienz in großen Städten in Zukunft steigern können.

Ein weiter Weg

Dazu gehören etwa optimierte Lieferketten, vernetzte Müllentsorgung, Verkehrsleitsysteme und autonomes Fahren, das am Ende zu weniger Verkehr und somit zu mehr Platz für Grünflächen und Wohnraum führen soll. Wohnungen werden kleiner, Gemeinschaftsflächen werden künftig geteilt. "Es hat nicht mehr jeder ein eigenes Wohnzimmer, sondern es wird online eines gebucht, wenn man es benötigt", sagt Braun, der freilich weiß, dass es zu smarten Megastädten noch ein sehr weiter Weg ist. (Text: Bernadette Redl, Grafiken: Daniela Yeoh, 10.2.2019)