Auch wenn Samsung im Vergleich zu den Vorjahren deutlich dezenter in der Softwareausstattung geworden ist, so landet doch auf aktuellen Geräten viel Bloatware. Bei anderen Herstellern ist dies zum Teil aber noch deutlich schlimmer.

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Wer sich ein neues Smartphone kauft, erwartet, dass auf diesem ein gewisses Grundset an Apps vorhanden ist. Vom Telefonprogramm über das Adressbuch bis zum Browser und der Kamera-App – alles Dinge, die als selbstverständlich angesehen werden. Diese erst einzeln aus dem jeweiligen App Store herunterladen zu müssen, würde die Einrichtung eines Smartphone erheblich mühsamer machen. Insofern ergibt es durchaus Sinn, dass gewisse Apps fix eingerichtet werden. Das Problem: Die Hersteller belassen es nicht bei diesem absoluten Minimum. Schon seit den Prä-Smartphone-Zeiten hält sich eine Praxis hartnäckig, die bei Geräteherstellern und Providern ebenso beliebt wie bei Usern verhasst ist: Die fixe Vorinstallation einer Fülle an Apps mit für die Nutzer reichlich zweifelhaftem Nutzen – die sogenannte "Bloatware".

Kleingeld

Die Motivation der Hersteller ist dabei recht profan. Wichtigster Faktor für die Vorinstallation von Bloatware sind Partnerdeals. Die Hardwarehersteller verdienen sich also ein Zubrot, indem sie den eigenen Kunden zusätzliche Apps aufs Auge drücken – ob direkt oder indirekt. So ist es etwa kein großes Geheimnis, dass Microsoft auf Lizenzzahlungen aus Patentansprüchen rund um Smartphones verzichtet, wenn die Hersteller dafür Word, Excel und Co. auf ihren Geräten vorinstallieren.

Doch es gibt auch noch andere Gründe für die Vorinstallation von Bloatware. Der wichtigste ist dabei strategischer Natur: So hoffen Smartphone-Hersteller neuen Services über die fixe Auslieferung mit ihren Geräten zum Durchbruch zu verhelfen. Ebenfalls in diese Kategorie einzureihen sind jene Vorschriften, die Google im Rahmen der Android-Lizenzbedingungen vornimmt. Wer den Play Store haben will, muss dafür eine Reihe von Google-Apps übernehmen – egal ob der Hersteller oder gar die Nutzer das wollen.

Perspektivenwechsel

Aus Nutzersicht präsentiert sich die Situation natürlich komplett anders: Diese sehen sich mit einer Fülle von Apps konfrontiert, die im besten Fall sinnlos Platz verbrauchen – und ihnen im schlimmsten Fall auch noch Spam oder Sicherheitsprobleme einbringen. Die Angst, von nicht genutzten – oder gar deaktivierten – Apps ausspioniert zu werden, mag zwar in den meisten Fällen überzogen sein. Dies zeigt aber auch, welch massives Misstrauen hier mittlerweile besteht. Und dass es alleine aus dieser Perspektive schon keine gute Idee ist, Apps wie Facebook, Netflix und Co. vorzuinstallieren. Denn die eigenen Kunden vor den Kopf zu stoßen, das kann eigentlich nicht im Interesse der Anbieter sein. Gleichzeitig tendiert der reale Nutzen einer Vorinstallation in diesen Fällen gegen Null. Die Facebook-App einzurichten – das schaffen selbst technisch komplett unbedarfte Nutzer.

Der Nutzen von Microsofts Apps ist unbestritten. Das erklärt aber nicht, warum sie auf zahlreichen Smartphones fix vorinstalliert sein müssen.
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Mythen

All dies übrigens, obwohl der reale Nutzen solcher Vorinstallation alles andere als unumstritten ist. Wer meint, dass die fixe Auslieferung der entscheidende Faktor für den Erfolg einer App ist, sollte einmal mit Samsung über seine zahlreichen gescheiterten Musikdienste oder auch mit Google über sein soziales Netzwerk Google+ reden, das trotz der Vorinstallation auf Milliarden Smartphones vor einigen Monaten eingestellt wurde.

Doch jenseits solcher Feinheiten stellen sich in Fragen Bloatware auch grundlegendere Fragen. Zum Beispiel jene, wie gierig eigentlich Firmen sein müssen, die selbst auf Smartphones, die sie für 1.000 Euro absetzen, noch zusätzliche Apps vorinstallieren, um darüber ein paar Cent mehr in die eigenen Kassen zu spülen.

Der Ausweg ist bekannt

Was die Situation besonders absurd macht: Es gibt längst Wege beide Seiten zufriedenzustellen. So ist es etwa unter Android möglich, zusätzliche Apps während des Setup-Prozesses automatisch zu installieren. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass diese nicht fix auf dem Gerät zu finden sind, und sich später dann restlos entfernen lassen. Oder noch besser:Man lässt den Nutzern gleich die Wahl, aus einer Reihe von Vorschlägen jene Apps zu wählen, die sie wirklich installieren wollen. Damit müssten also eigentlich nur mehr essentielle Apps, ohne die andere Systemteile nicht funktionieren würden, fix auf dem Gerät eingerichtet werden. Doch während dieses System etwa bei Smartphones mit Android One zumindest teilweise zum Einsatz kommt, beharren viele Hersteller lieber darauf, den konsumentenfeindlichen Weg der fixen Vorinstallation zu wählen. Zwar lassen sich auch solche Apps – meist – deaktivieren, einer kompletten Entfernung kommt dies aber nicht gleich.

Umdenken!

Insofern ist es an der Zeit, dass die Hardwarehersteller endlich umdenken, und im Sinne der eigenen Kunden handeln. Bloatware – und das inkludiert auch so manche vorinstallierte App von Google oder Apple selbst – hat auf Smartphones nichts verloren. Egal ob sie mit aufdringlicher Werbung und zweifelhaften Angeboten verbunden ist, oder "nur" sinnlos herumliegt. In Anbetracht der langen Tradition von Bloatware mag ein solche Aufruf aussichtslos erscheinen, gleichzeitig muss aber betont werden, dass die Situation sogar schon einmal schlimmer war. So sind etwa die Netzbetreiber – zumindest in Europa – wesentlich zurückhaltender mit der zwangsweisen Vorinstallation eigener Apps. Und wer weiß: Vielleicht finden sich ja auch Hersteller, die sich bewusst über ein schlankes App-Set von anderen Anbietern absetzen wollen.

Bis es soweit ist, können sich die Nutzer aber auch selbst behelfen. Wie man vorinstallierte Apps unter Android los wird, verraten wir in einem eigenen Artikel. (Andreas Proschofsky, 9.6.2019)