Martin Zauner (vorne) und André Pohl haben sich bei Mrs. Wilberforce (Marianne Nentwich) einquartiert, um einen Geldtransporter zu überfallen. Am Ende profitiert die alte Dame.

Foto: Erich Reismann

Die Kammerspiele sind aktuell Schauplatz einer exquisiten und einzigartigen Aufführung. Sie stellt die Erwartungen eines biederen Publikums kompromisslos auf die Probe. Hier weht wahrlich avantgardistischer Geist! Es handelt sich um die musikalische Darbietung eines Grüppchens von Ganoven, die sich als Streichquintett ausgeben. Sie schaben und kratzen über ihre Instrumente, dass es selbst Arnold Schönberg grausen würde. Das soll der Schlechtigkeit der Welt Ausdruck verleihen.

Die spontane Komposition ist einer Notlage geschuldet. In die sind die fünf Gauner gekommen, weil sie sich bei einer älteren Dame eingemietet und als Musiker vorgestellt haben. Doch statt zu proben, verfolgten sie den Plan, einen Geldtransporter zu erleichtern. Bis zum Überfall ging alles gut, ab dann allerdings schief. Die Alte hat sie ertappt. So stehen sie nun zur Mitte des Stückes, halten die Instrumente verkehrt, und fiedeln um ihr Leben.

Alles beim Alten

Es ist also doch noch alles beim Gewohnten in den Kammerspielen, diesem heiteren Hort der Wiener Bürgerlichkeit. Gegeben wird die Kriminalkomödie Ladykillers, eine Bühnenbearbeitung des gleichnamigen britischen Spielfilms von 1955. Dass der Stoff immer noch Potenzial besitzt, bewies 2004 eine Kinoadaption der Regiebrüder Joel und Ethan Coen.

So uninspiriert wie ein paar halblustige Scherze ist in den Kammerspielen allerdings auch Cesare Lievis Regie. Sie kann oder will aus der Vorlage nichts herauskitzeln. Bühnenbildner Maurizio Balò hat als Schauplatz ein Wohnzimmer mit grauen Wänden aufgebaut. Hier wohnt Margaret Wilberforce. Marianne Nentwich spielt sie mit Ernst und Schalk und trägt dazu stets einen üppigen Spitzenkragen (Kostüme: Birgit Hutter).

Zoten und Züge

Die da und dort abblätternde Farbe ist nicht der Grund, warum sie ein möbliertes Zimmer zu vermieten hat, sie will schlicht mehr Leben im Haus. Der aus einem Käfig vorne an der Rampe Zoten krähende Vogel sowie der Güterzug, der alle zehn Minuten vorbeifährt, bis sämtliche Lampen flackern, reichen nicht.

Was sich statt des erwarteten Musikprofessors einmietet, sind aber eben leider Gauner. Markus Kofler gibt seinen als hageren Mafiosoverschnitt, Martin Zauner seinen als Charmeur in altherrenhaft bunter Strickweste, und Siegfried Walther ist patschert mit einem ungeklärten Faible für Damenkleider. René Pohl leitet die Truppe mit Gentleman-Qualitäten an. Neben Pohl am meisten Eindruck macht Wojo van Brouwer in einer dankbaren Rolle: Treuherzig und dümmlich freut er sich beim ersten Anblick über sein Instrument, den Kontrabass: "Oh, ich hab ein riesiges!"

Müdes Unterfangen

Wenn schon Slapstick, dann akribisch! Woran es dem Abend am schmerzlichsten mangelt, das ist der Wille zu Nuancen, zu originellen Ideen und zum lustvollen Ausgestalten. Auch fehlen Soundeffekte komplett: Wenn etwa der Zug draußen unter dem Fenster jemanden überfährt, will man das hören!

In diesem Schuh stecken eingeschlafene Füße. Müde wie das ganze Unterfangen war denn auch der Schlussapplaus. (Michael Wurmitzer, 25.1.2019)