Es klingt verlockend: 99 Dollar (zum Testzeitpunkt rund 87 Euro) für einen vollwertigen Laptop. Ein Display mit einer Diagonale von 11,6 oder 14 Zoll, Keyboard, Touchpad und diverse Anschlüsse. Ein Preis, der selbst Einsteiger-Windows-Notebooks und Chromebooks klar aussticht.

Ein solches Gerät ist das Pinebook. Es basiert auf einem Einplatinenrechner, so wie etwa der Raspberry Pi einer ist. Und zwar der Pine A64, ein weitgehend quelloffener Chip mit einem ARM Cortex A53-Quadcore-Prozessor mit zwei GB RAM und 16 GB Onboardspeicher. Ob der Laptop zum Sparpreis damit alltagstauglich läuft, hat der STANDARD in einem Test überprüft.

Foto: STANDARD/Pichler

Im weißen Kunststoffmantel

Angeliefert wird das Pinebook in einem transparenten Kunststoffkoffer, der den Eindruck erweckt, es würde sich um Spielzeug handeln. Der Laptop selbst versteckt seine Hardware unter einem weißen Kunststoffgehäuse. Man sieht ihm an, dass er kein sogenanntes "Premiumprodukt" ist, schlecht ist die Verarbeitung aber keineswegs. Das Gesamtpaket misst circa 30 x 20 x 1,2 Zentimeter und wiegt etwa 1,3 Kilogramm.

Dazu gibt es ein Keyboard (ausschließlich in englischer QWERTY-Belegung), das ein okayes Tipperlebnis bietet. Das Touchpad verfügt über eine (Achtung, Geschmackssache) angenehm griffige Haptik, ist aber systemseitig sehr "langsam" eingestellt. Das ist in dem vorinstallierten KDE Linux mit Neon-Oberfläche recht leicht zu ändern.

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Basics

Ursprünglich wurde das Pinebook mit Displays ausgeliefert, die eine Auflösung von 1.366 x 768 Pixel bietet. Mittlerweile hat man die 14-Zoll-Ausgabe aber auf einen 1080p-LCD (1.920 x 1.080 Pixel) umgestellt, ohne Preisänderung. Auch das Testgerät war bereits damit ausgestattet. Der Bildschirm gewinnt zwar keine Preise für Kontraste und Helligkeit, liefert aber gemessen am Preis eine akzeptable Darstellung und spiegelt kaum.

Die restliche Grundausstattung kann sich prinzipiell sehen lassen. An Bord sind Bluetooth 4.0 und 802.11n-WLAN. Dazu kommen zwei USB 2.0-Ports, ein microSD-Slot, ein Kopfhörerstecker sowie ein microHDMI-Ausgang. Ebenfalls integriert sind eine 0,3 Megapixel-Webcam von eher notdürftiger Bildqualität nebst Mikrofon.

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Die Soundausgabe übernehmen zwei recht schwachbrüstige, blechern klingende Lautsprecher, die seltsamerweise nach unten ausgerichtet sind. Zumindest das Lautstärkeproblem lässt sich aber über Zusatzprogramme beheben, mit denen man die maximal vom System zugelassene Lautstärke überschreiten kann.

Der Akku bringt es auf 10.000 mAh. Aufgeladen wird er mit dem beiliegenden 5V-Netzteil. Mit einem passenden Kabel lässt sich das Pinebook auch mit gewöhnlichen USB-Ladegeräten füttern, wenn auch in der Regel deutlich langsamer.

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Kein Performancerekord

Das vorinstallierte Linux-System bietet einen Desktop, der auch Windows-Nutzern recht vertraut vorkommen sollte. Apps lassen sich über das ebenfalls schon vorhandene Softwarezentrum aktualisieren und installieren, freilich kann kompatible Software auch von anderen Quellen bezogen werden. Mit Firefox und LibreOffice sind sowohl ein Browser, als auch eine Bürosoftware bereits an Bord.

Solange man sich auf einfache Tätigkeiten beschränkt, lässt sich mit dem Pinebook arbeiten. Größere Programme zu starten dauert seine liebe Zeit, das war von einem System auf Basis eines Computers, dessen Chip-Spezifikationen heute in Einsteiger-Handys zu finden sind, aber auch nicht anders zu erwarten.

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Was man tunlichst unterlassen sollte, ist mehr als einen Youtube-Browsertab zu öffnen oder Videos auf der Google-Plattform in höheren Auflösungen als 360p zu schauen. Denn dann geht das System in die Knie. Generell sollte man bei Multitasking Vorsicht walten lassen, um das Pinebook nicht zu überfordern. Geschuldet dürfte dies der Tatsache sein, dass es keine wirklich guten Treiber für Mali-Grafikeinheiten für Desktop-Linuxsysteme gibt.

Freie Systemwahl

Wer sich mit dem Performance-Limit gar nicht anfreunden kann, hat aber Alternativen. So gibt es eine Reihe anderer Linux-Distributionen, die sich recht einfach am Pinebook zum Laufen bringen lassen. Es reicht, sie herunter zu laden und mit einem Tool wie Etcher auf eine microSD-Karte zu schreiben. Eine Auswahl an bisher lauffähigen Varianten findet sich im Wiki des Pinebook-Projekts. Manche, etwa das auf Sicherheit fokussierte DietPi, laufen spürbar performanter. Unix-Freunde finden auch eine NetBSD-Umsetzung.

Das leistungstechnisch beste Erlebnis bietet jedoch die Android-Portierung für das Pinebook. An dieser sieht man, was die Hardware zu leisten imstande ist, wenn man sie mit einem für mobile Chips gedachten, Linux-basierten System kombiniert. Multitasking funktioniert hier ebenso problemlos wie 1080p-Youtube-Streaming mit 60 Bildern pro Sekunde. Einzig die Installation von Apps dauert auf dem eMMC-Speicher recht lange. Der Port, der ab Werk gerootet ist, nutzt allerdings keine aktuelle Android-Ausgabe, sondern Version 6 "Marshmallow", das 2015 erschienen ist.

Alle zur Verfügung stehenden Betriebssysteme für das Pinebook lassen sich direkt von der microSD-Karte starten, einige können auch direkt auf den Speicher installiert werden.

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Leicht reparierbarer Tüftlertraum

Die Nützlichkeit des 100-Dollar-Laptops ist für Endanwender aufgrund seiner Leistungsreserven eher beschränkt. Wer ein Android-System möchte, ist mit einem Handy oder Tablet dank Toucheingabe besser bedient. Für Arbeitszwecke bieten Chromebooks oder günstige Laptops mit x86-Hardware eine vernünftigere Basis, auch wenn sie mehr kostet. Darauf weisen auch die Pinebook-Erfinder selbst hin.

Wer aber einfach nur auf einem Einplatinenrechner entwickeln oder das Pinebook ganz nach eigenen Vorlieben verwenden will, ist richtig aufgehoben. Wer möchte, kann etwa auch Android 7 oder 8.1 auf das Pinebook bringen – die entsprechenden SDKs stehen jedenfalls bereit.

Der "Bastler-Aspekt" wird auch dadurch betont, dass sich das Notebook mithilfe eines kleinen Kreuzschlitz-Schraubenziehers einfach öffnen lässt. Die Hardware ist recht modular verbaut, für den Ausbau des Akkus, Bildschirms und eMMC-Speichers gibt es Anleitungen. Ebenso sind auch das Layout des Pine A64 und Zusatzboards dokumentiert.

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Fazit

In Summe ist das Pinebook ein spannendes Open Source-Projekt, das sich besonders an "Tüftler" richtet, als Laptop für den Alltag aber nur eingeschränkt brauchbar ist. Der, gemessen am Gesamtpaket, sehr erschwingliche Preis erleichtert den Einstieg, dazu gibt es eine recht lebendige Community und viel Hilfsmaterial. Wer mehr Leistung benötigt, kann auch auf das kürzlich angekündigte Pinebook Pro warten, das allerdings 200 Dollar kosten wird.

Wer ein Pinebook sein Eigen nennen will, muss jedoch etwas Geduld mitbringen. Ausgeliefert wird das Gerät nach dem "Build to Order"-Prinzip. Man wählt vorab die Displaykonfiguration und wird benachrichtigt, sobald der Laptop gebaut werden kann. Nach erfolgter Zahlung wird er dann gefertigt und geliefert – hier müssen freilich Lieferkosten sowie die Einfuhrumsatzsteuer und etwaige Zollgebühren noch aufgerechnet werden. (Georg Pichler, 2.2.2019)