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Auch in New York hat Nicolás Maduro (auf dem Plakat in der Mitte) noch immer Unterstützer. Am Donnerstag demonstrierten sie vor dem venezolanischen Konsulat in Manhattan.

Foto: AFP / Getty Images / Drew Angere

Warum Nicolás Maduro schlimmer ist als andere Diktatoren, die Donald Trump doch unterstützt? Als die Frage von einem Reporter im Weißen Haus gestellt wird, kontert John Bolton barsch, dass sie auf falschen Prämissen beruhe. "Fakt ist", sagt er, "Venezuela liegt in unserer Hemisphäre. Ich denke, wir haben hier eine besondere Verantwortung, und ich denke, der Präsident hat dazu eine entschiedene Meinung."

Die besondere Verantwortung, von der Trumps Sicherheitsberater spricht, geht zurück auf das frühe 19. Jahrhundert. 1823 erklärte James Monroe, damals US-Präsident, die westliche Hemisphäre zum alleinigen Einflussbereich der Vereinigten Staaten. Im Kalten Krieg hatte das zur Folge, dass Washington rechten Putschisten, Generälen und Guerillaverbänden zur Seite stand, solange sie ins Feld führten, dass sie gegen den Kommunismus kämpften und damit die Ausdehnung sowjetischer Macht blockierten.

"Monroe-Doktrin"

Auch die Regierung Trump folgt ganz offensichtlich der Monroe-Doktrin, eine der wenigen Konstanten der US-Außenpolitik, denen auch sie sich verpflichtet fühlt. De facto bedeutet es, dass für Lateinamerika nicht gilt, was in anderen Weltregionen Zurückhaltung begründet.

"Wollen die USA der Polizist des Nahen Ostens sein?", twitterte Trump, als er den – mittlerweile wieder verwässerten – Rückzug eines vergleichsweise bescheidenen Militärkontingents aus Syrien anordnete. Über Autokraten wie Rodrigo Duterte, den Herrscher der Philippinen, oder Abdelfattah al-Sisi, den starken Mann Ägyptens, verlor er nie ein kritisches Wort. Dem Kronprinzen Saudi-Arabiens ließ er das Komplott zur Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi durchgehen, über Kim Jong-un sagt er nur noch Freundliches, nachdem er den Nordkoreaner eine Weile als kleinen Raketenmann verhöhnt hat.

In Washington sind es die Demokraten, die Trump an das Messen mit zweierlei Maß erinnern, auch wenn sie selbst keinerlei Sympathien für Maduro empfinden. Amerikas Einsatz für Freiheit und Menschenrechte sollte überall gelten, wenn der Präsident glaubwürdig sein wolle, mahnt Adam Schiff, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus.

In Venezuela also hat Trump sich festgelegt – pro "regime change". Indem er Oppositionsführer Juan Guaidó als Übergangspräsidenten anerkennt, fordert er jenen Regimewechsel, den er anderswo, etwa mit Blick auf Syrien, längst zu den Akten gelegt hat. Wie das praktisch gelingen soll, lässt sich aber noch nicht einmal in groben Umrissen erkennen. Nach Trumps Worten liegen "alle Optionen auf dem Tisch", was militärische Mittel theoretisch einschließt. Nur handelt es sich dabei um eine Standardformel, derer sich amerikanische Präsidenten in internationalen Krisensituationen häufig bedienen. Darüber, ob das Pentagon tatsächlich eine Intervention plant, etwa nach dem Modell des Einmarschs 1989 in Panama, sagt dies noch nichts.

Da sich Maduro sowohl auf die eigene Armee als auch auf Freunde wie Russland und mit Abstrichen China stützen kann, birgt bewaffnetes Eingreifen das Risiko einer gefährlichen Eskalation. James Mattis, der vor kurzem entlassene Verteidigungsminister, hat Medienberichten zufolge stets davor gewarnt, die Marineinfanterie nach Caracas zu beordern, solange noch US-Truppen in Nahost und Afghanistan präsent sind und ein Konflikt mit Nordkorea nicht ausgeschlossen werden kann. Ob die Hardliner im Kabinett nun, da die nüchterne Stimme des umsichtigen Ex-Generals fehlt, die Oberhand gewinnen, bleibt abzuwarten.

Zumindest für den Moment setzt das Weiße Haus in erster Linie auf wirtschaftlichen Druck. Venezuela ist dringend auf die Dollars angewiesen, die es für seine Ölexporte erhält. Raffinerien an der Golfküste wiederum sind ebenso dringend auf die Lieferungen aus dem südamerikanischen Land angewiesen. Ein Ölembargo, um Maduro in die Knie zu zwingen, wäre mithin ein zweischneidiges Schwert.

Forderungen aus Europa

Indes hat am Freitag auch die deutsche Bundesregierung die Anerkennung von Juan Guaidó als Staatschef in Aussicht gestellt, sofern es nicht umgehend zu fairen und freien Wahlen komme. Maduro könne nicht beanspruchen, der legitime Präsident zu sein, zumal die letzte Wahl demokratischen Standards nicht genügt habe. Auch Spaniens Außenminister Josep Borell forderte am Freitag Neuwahlen. Beide Kontrahenten, Guaidó und Maduro, signalisierten inzwischen zwar Gesprächsbereitschaft, rückten jedoch nicht von ihren Positionen ab. (Frank Herrmann aus Washington, 25.1.2019)