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"Ich versuche, schnell zu sein", sagt Noël. "Und es funktioniert."

Foto: REUTERS/DENIS BALIBOUSE

Kitzbühel – Clément Noël steht schon am Dienstagabend wieder im Rampenlicht. Wenn der Senkrechtstarter im Nightrace nach dem dritten Weltcupsieg in Folge greift, wackelt ein Klassiker-Triple. Denn bisher haben erst zwei Läufer die drei Slalom-Highlights Wengen, Kitzbühel und Schladming gewonnen: Benjamin Raich (2001) und Henrik Kristoffersen (2016).

In Wengen und Kitzbühel zu gewinnen ist bereits wie Ostern und Weihnachten zusammen. Pâques et Noël, wie es im Französischen heißt. Noël hat dieses Bravourstück geschafft, am Samstag erneut keine Nerven gezeigt und vor Rekordkulisse mit 39.000 Zuschauern am Ganslernhang die Attacke von Marcel Hirscher abgewehrt, der von Halbzeitrang neun – wie schon 2017 – nach vorne stürmte, dieses Mal aber dem Shootingstar den Vortritt lassen musste.

Der 1,91-Meter-Lackel aus Ventron in den Vogesen kommentierte das geschaffte Klassikerdouble relativ unaufgeregt. "Es ist natürlich ein Traum, es fühlt sich wirklich sehr gut an. Ich genieße den Moment, bin aber schon fokussiert auf die nächsten Rennen und hoffe, dass es in dieser Weise weitergeht. Aber ich weiß nicht, was die Zukunft bringen wird, ich will gar nicht daran denken", sagte der mit guten Hebeln ausgestattete Techniker.

Rosen

Kollegen und Konkurrenten streuen dem 21-Jährigen Rosen. Der drittplatzierte Alexis Pinturault, in Kitzbühel von 2014 bis 2016 dreifacher Sieger in der Kombination und mit 27 noch kein altes Eisen, sagt: "Ihm gehört die Zukunft in dieser Disziplin." Hirscher, um 29 Hundertstel geschlagen, hat den Franzosen schon länger auf der Rechnung. Nun ist eingetreten, was der 67-fache Weltcupsieger seit Monaten prophezeit. "Man kann klar sehen, dass er technisch brillant, eine kürzere Linie als jeder andere im Moment fährt. Darüber müssen wir uns Gedanken machen."

Noël muss seine Synapsen hingegen nicht extra strapazieren. "Es ist meine Art, Ski zu fahren. Ich versuche, einfach schnell zu sein, und es funktioniert." Die Lobeshymnen der arrivierten Läufer irritieren ihn ein wenig. "Ich weiß nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll."

Der Werdegang

Das Mitglied des Skiklubs CS Val d'Isère gab 2016 in Levi das Debüt im Weltcup. Vergangene Saison in Val d'Isère holte er als 20. erstmals Weltcuppunkte, vor einem Jahr landete er just in Kitzbühel als Achter erstmals in den Top Ten. Zwei Tage später schwang er in Schladming als Sechster ab. Bei der Junioren-WM 2018 in Davos holte er Gold mit mehr als zweieinhalb Sekunden Vorsprung. Bei Olympia in Pyeongchang verpasste er als Vierter des Slaloms um nur vier Hundertstel eine Medaille. In dieser Saison stieg er nach Platz sieben in Saalbach und Rang vier in Zagreb als Zweiter in Adelboden erstmals auf ein Weltcuppodest. Nur eine Woche später stand er in Wengen ganz oben.

Als Kind habe er viele Rennen von Jean-Baptiste Grange und Julien Lizeroux verfolgt. "Natürlich weil sie Franzosen sind und weil sie schnell waren zu der Zeit", sagt Noël. Sie hätten ihn genauso wie andere, die flott unterwegs sind, inspiriert, aber er habe einen anderen Stil, denn er wisse, "dass jeder anders ist". Schon aufgrund seiner Größe könne er Hirscher nicht kopieren. "Er ist kleiner und wirklich kräftig. Er ist beeindruckend. Ich aber muss mit meinen Qualitäten schnell sein."

Von Vorteil ist, dass Nervosität im Berufsleben von Noël keine große Rolle spielt, auch wenn er vor dem Entscheidungslauf in Wengen nicht ganz so entspannt gewesen sei wie üblicherweise. In Kitzbühel jedoch sei er ganz ruhig geblieben. "Ich weiß eigentlich nicht, warum." Wenn er am Start stehe, dann sei er voll auf das Rennen fokussiert und denke nicht an Resultate.

Die Atmosphäre

Noël spricht überraschend gut und mit typisch französischem Akzent Deutsch, er hat es in der Schule gelernt. Er hebt die gute Stimmung im Team, von dessen Stärke er profitiere, hervor. "Wir sind Freunde."

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sieht den Aufgang des "neuen Sterns", wie er von "L'Équipe" bezeichnet wird, gelassen. "Wir haben gewusst, dass er kommt. Er ist gut, aber genauso zu schlagen wie alle anderen. Das haben wir im zweiten Durchgang bei Hirscher gesehen. Das kann auch Schwarz, Matt und Feller sowieso, sie können es alle." Die Gelegenheit zur Revanche bietet sich schon am Dienstag (17.45 und 20.45 Uhr) in Schladming. (Thomas Hirner, 28.1.2019)