Über das umstrittene Heumarkt-Projekt streiten auch Experten.

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Kann Kulturminister Gernot Blümel mit einer Weisung an das Land Wien das Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt stoppen, weil es den Weltkulturerbestatus der Inneren Stadt gefährdet? Der Ansicht des Verfassungsjuristen Theo Öhlinger widerspricht Rechtsprofessor und Anwalt Georg Eisenberger vehement.

Öhlingers Ansicht, der Bund könne anordnen, dass Wien den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan abändert, damit der Bauträger die Gebäudehöhe herabsetzt, um so die Einhaltung der Unesco-Welterbekonvention sicherzustellen, beruhe auf einem falschen Verständnis dieses völkerrechtlichen Vertrags, sagt Eisenberger dem STANDARD.

Die Einhaltung der Kriterien sei laut Vertrag freiwillig, nicht verpflichtend. Schon deshalb könne der Bund hier nicht in Länderautonomie eingreifen. In der Konvention sei auch nicht festgelegt, wie hoch Gebäude am Rand der City sein dürfen. Das beurteile der internationale Denkmalrat Icomos im Einzelfall. Dieser sieht die maximale Höhe bei 43 Meter; geplant sind 66 Meter. Icomos könne keine rechtskräftige Entscheidung treffen, so Eisenberger.

Verweis auf zwei höchstgerichtliche Urteile

"Der österreichische Vertragspartner hat sicher nicht daran gedacht, die Gesetzgebungskompetenz nach Paris auszulagern und Icomos entscheiden zu lassen, wie die Flächenwidmungspläne in Österreich auszusehen haben – und das ohne jede Möglichkeit für ein Rechtsmittel im Inland", betont der Jurist. Öhlinger, emeritierter Professor für Staats- und Verfassungsrecht der Uni Wien, gab seine Stellungnahme auf Initiative von Wolfgang Zinggl von der Liste Jetzt ab, der das Heumarkt-Projekt bekämpft.

Eisenberger, der öffentliches Recht an der Uni Graz unterrichtet, ortet einen weiteren Fehler in Öhlingers Argumentation: Für Flächenwidmungspläne sei die Gemeinde zuständig, nicht das Land. Wien sei zwar beides – aber die Weisung des Bundes könne nur an den Landeshauptmann von Wien gerichtet sein, nicht an den Stadtchef, der den Gemeinderatsbeschluss vollziehen müsse.

Der Jurist verweist auch auf zwei höchstgerichtliche Urteile. Der Verfassungsgerichtshof hat 2013 in Bezug auf die Flächenwidmung der Kometgründe klargestellt, dass der Gemeinderat an die Welterbekonvention "rechtlich in keiner Weise gebunden" war. Und der Verwaltungsgerichtshof entschied im selben Jahr bezüglich Semmeringbasistunnel neu, dass "sich aus dem Übereinkommen kein gesetzliches Verbot ableiten lässt", bestimmte Bauvorhaben zu genehmigen. Es bestehe nicht einmal die völkerrechtliche Verpflichtung zur Erhaltung von in Welterbestätten auf der Roten Liste, sagt Eisenberger. (ef, 27.1.2019)