Bundeskanzler Sebastian Kurz im TV-Porträt "Auf schmalem Grat" am Montag um 22.45 Uhr, ARD.

Foto: BR/Michael Mandlik

Der Frühaufsteher in Wien-Meidling, wo "noch viele schlafen", wenn ihn der Chauffeur im Stockdunkel abholt. Der langbeinige Billigflieger, der mit begeisterten Massen bergwandert. Der jüngste (und "schöne") Kanzler Europas, der einen "anständigen Beruf lernen wollte" und nun Wahl um Wahl gewinnt. Der Auf schmalem Grat mit der FPÖ Rechtswalzer tanzt und von ihren NS-begeisterten österreichischen Landsleuten vertriebene Juden nach Wien einlädt: Wie zeigt man Sebastian Kurz und sein Bild, das er und seine Truppe von "Überzeugungstätern" so gelungen zeichnen, ohne selbst daran mitzumalen?

Wiener Wunderwuzzi

Michael Mandlik vom Bayerischen Rundfunk hat den Wiener Wunderwuzzi begleitet, zu sehen am Montag um 22.45 Uhr in der ARD: In Meidling, am Berg, im Billigflieger, im Flüchtlingslager, in der "menschlich wertschätzenden" Doppelconference mit Vize Heinz-Christian Strache, hat Material aus dem Archiv geholt. FPÖ-Chef Strache, der noch im Wahlkampf 2017 die Intelligenz des "Ohrwaschelkaktus" in Zweifel zog. Kurz als jugendlicher ÖVP-Wahlkämpfer für eine "geile" Politik.

Die Doku erinnert an des Vizekanzlers "Lügen"-Vorwürfe an den ORF und Moderator Armin Wolf. An die antisemitischen Liedtexte der Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten. Kurz reagiere da "auffallend zurückhaltend". Mandlik stellt blauen antisemitischen Ausfällen Kurz' Bemühen um gute Beziehungen zu Israel gegenüber; die offizielle FPÖ-Parteilinie tut das längst. Muslime sind heute das viel lohnendere Feindbild.

Die Doku bescheinigt Kurz "Balance zwischen weltoffen und liberal und rechts und national", aber die stete Gefahr, sie auf diesem schmalen Grat zu verlieren. Wer Sebastian Kurz porträtiert, bewegt sich selbst Auf schmalem Grat. (Harald Fidler, 28.1.2019)