Mit den Kraken hat die Natur einen Gipfel in Sachen tierischer Intelligenz hervorgebracht, der im Stammbaum des Lebens weit entfernt von den übrigen "Intelligenzbestien" aus der Säugetier- und Vogelwelt liegt.
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New York – Wir haben uns längst an Lachs- und Shrimpsfarmen gewöhnt. Aber Krakenfarmen? Die könnten das nächste große Ding in Sachen Aquakulturen werden – doch wenn es nach einer aktuellen Studie US-amerikanischer Forscher geht, wäre das aus einer ganzen Reihe von Gründen eine Fehlentwicklung.

Boom an Aquakulturen

Gegenwärtig züchten beinahe 190 Staaten an die 550 verschiedene Spezies in Aquakulturen, bilanziert ein Team um Jennifer Jacquet von der New York University. Die Zucht von Kraken wird noch nicht in kommerziell verwertbarem Ausmaß betrieben, doch das dürfte sich bald ändern: Insbesondere Japan, China, Spanien und Mexiko würden Versuche in diese Richtung betreiben.

Der auf Meeresprodukte spezialisierte Lebensmittelkonzern Nissui aus Japan beispielsweise sei sich sicher, dass Krakenfarmen in marktfähigem Ausmaß schon ab 2020 betrieben werden könnten. In ihrer im Magazin "Issues in Science and Technology" veröffentlichten Studie listet Jaquet nun Argumente auf, warum das ein "großer Fehler" wäre.

Bedenkenswerte Punkte

Die Forscherin weist auf einen grundlegenden Unterschied zwischen domestizierten Land- und Wassertieren hin: Landtiere, die als Nahrung für den Menschen gezüchtet werden, sind zum überwiegenden Teil Pflanzenfresser. Bei den aquatischen Zuchttieren ist es genau umgekehrt: Vom Karpfen bis zum Kraken fressen die meisten von ihnen tierische Kost – und müssen daher entsprechendes Futter erhalten.

Aquakulturen tragen schon heute ihren Teil zur Überfischung der Meere bei: Etwa 30 Prozent des globalen Fangs landen als Futter in Aquakulturen. Krakenfarmen würden diese bedenkliche Entwicklung verschlimmern. Dazu kommt, dass solche Farmen durch den Kot der Tiere sowie nicht gefressene Futterreste hohe Mengen an Stickstoff und Phosphor produzieren. Und das würde sich negativ auf den Sauerstoffgehalt des Wassers in der Umgebung der Farmen auswirken.

Zu guter Letzt kommt noch der Umstand, dass es sich bei Kraken um ausgesprochen intelligente Tiere handelt. Selbst wenn man ethische Aspekte außer Acht lässt, kann man sich nicht dem Faktum verschließen, dass dies Probleme aufwirft: Auf engem Raum zusammengepfercht, müssen die Kraken in Farmen unter Bedingungen leben, die ihrem natürlichen Verhalten zuwiderlaufen. Die Folgen sind erhöhte Aggression und hohe Sterblichkeitsraten. Zu Letzteren tragen auch Infektionen bei, die sich in Farmen wesentlich schneller ausbreiten können als im naturbelassenen Meer.

Forscherin rät ab

"Wir leben in einer Zeit der rapiden Domestizierung aquatischer Spezies, und die Forschung dazu dreht sich nahezu ausschließlich um die Frage, welche Tiere wir züchten könnten, und nicht, welche wir züchten sollten", sagt Jaquet. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie Krakenfarmen für eine schlechte Idee hält.

Und eine unnötige dazu: Die Länder, in denen Kopffüßer heute vor allem gegessen werden – etwa Japan, Südkorea, die europäischen Mittelmeerstaaten oder Australien – hätten allesamt keine Probleme mit der Lebensmittelversorgung. Sie könnten also wenigstens auf diese Ressource verzichten. (jdo, 28. 1. 2019)