Bildschön. Der Shooting Brake von Kia.

Foto: Kia
Grafik: der Standard

Der ProCeed hat praktisches Talent, sein Kofferraum fasst mit 594 bis zu 1545 Litern kaum weniger als der im Ceed Kombi (625 bis 1694).

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Auffälligstes Merkmal am Arbeitsplatz ist das unten abgeflachte Sportlenkrad, das die Grundintention des Fahrzeugs noch mal betont.

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Anders als die Kunst, wo man seit Ende des Krieges mehr oder weniger einer Ästhetik der Hässlichkeit huldigt, setzt das Design auf die Zugkraft des Schönen. Kein Wunder, zählt es denn beispielsweise beim Automobil mit an vorderster Front bei den Kaufkriterien. In dem Zusammenhang ist Schönheit also auch eine Währung, und damit sind wir schon beim jüngsten Coup von Kia, beim ProCeed.

Sieht recht dynamisch aus, fährt sich auch so – dank des straffen Fahrwerks und der direkten Lenkung.
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Es ist noch gar nicht lange her, dass die koreanischen Hersteller mit arg gewöhnungsbedürftigen Billigautos ihren Siegeszug antraten. Korea-Barock war der zugehörige Terminus, die Asphaltgeschwüre von Ssangyong aus der Feder des total schrägen englischen Designer Ken Greenley waren dessen ultimative Auswüchse. Mit dem deutschen Stardesigner Peter Schreyer und seiner Tätigkeit bei Kia ab 2006 änderte sich dies grundlegend, Hyundai-Kia gilt beim Styling inzwischen als führender Fernostkonzern.

Als wäre das noch zu untermauern gewesen, schlenzt Kia diesen bildschönen Shooting Brake aus dem Ärmel. "Noch ein Kombi vom Ceed?", werden Sie vielleicht fragen. Ja, aber. Als sich der Ceed noch cee'd schrieb, gab es vom 5-Türer eine 3-türige Coupé-Ableitung, den pro_cee' d. So was kauft heute kein Mensch mehr, auch die Franzosen und Deutschen haben ihr entsprechendes Angebot und damit auch gleich die darauf basierenden Cabrios klammheimlich entsorgt.

Europawahl

Kombis hingegen erfreuen sich in unseren Breiten immer noch recht hoher Beliebtheit, und weil der Ceed "unsere europäischste Baureihe überhaupt" (Kia) ist – entwickelt und designt wird sie in Deutschland, gebaut im slowakischen Sillein (Zilina) -, haben die beides kombiniert zu einem Kombi mit Coupé-Silhouette, was sich eben Shooting Brake nennt. ProCeed statt pro_cee'd. Und wenn Kia sich neben dem Kombi (SW) noch so ein Gebinde leistet, dann ist das ein Hinweis darauf, dass die Koreaner mit allen Mitteln in der Alten Welt reüssieren wollen. Europawahl geht auch so.

Shooting Brakes sind eine überaus seltene Gattung. In der ProCeed-Größenordnung gibt es überhaupt nur einen weiteren Repräsentanten, den entsprechenden CLA-Ableger. Beim Kia ist die schokoladigste aller Schokoladenseite das Heck. Fährt man hinter ihm her, fühlt man sich sogar leicht an Porsche erinnert, bei diesem durchgehenden Leuchtenband und dessen dreidimensionalen Ausformung.

Ein Blick in die zweite Reihe.
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Wenn es den ProCeed nur in den Ausführungen GT-Line und GT (mit kesser roter Lippe) gibt, dann zeigt das schon, dass Kia in fahrdynamischer Hinsicht ganz woanders hinwill als mit dem komfortablen SW. Dem gegenüber ist der Wagen 43 mm flacher und zehn tiefer gelegt, sportiv und straff ausgelegt ist das Fahrwerk, die Lenkung – unten abgeflachtes Sportvolant – ist direkter, fühlt sich allerdings im Kurvenreich mitunter ein wenig eckig an. Getriebeseitig hat man die Wahl zwischen Selbermachen (6-Gang-Schaltung) und Machenlassen (7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe), Letzteres wäre unsere persönliche Wahl, auch wenn da in der Abstimmung immer noch ein wenig Feinschliff möglich wäre.

Drei Motoren stehen zur Auswahl – zwei Turbo-Benziner mit 140 und 204 PS und ein Diesel mit 136 PS, alles EU 6d-temp. Der Top-Otto passt am besten zum latent draufgängerischen Charakter des ProCeed, im Sport-Modus klingt er auch noch wie ein Großer. Ist aber Fake-Sound, weil aus der Konserve. ESG nennt Kia das, Electric Sound Generator. Ansonsten ist das ein grundehrliches Auto. Und dabei so viel schön. (Andreas Stockinger, 30.1.2019)