"Öko-Pippi", "Klimahysterikerin", "verhaltensgestört", "von Untergangsfantasien verfolgt". Ein Opfer von "Kindesmissbrauch" sei Greta Thunberg, hinter ihr stünden "Organisationen, die sie für ihre Zwecke instrumentalisieren" oder – noch schlimmer! – "Journalisten" und "Politiker". Die AfD Heidelberg bezeichnete sie als "minderjährige Heilige" der "#Klimareligion". Ein AfD-Politiker forderte einen Psychotherapeuten "für das arme Kind", nicht "Auftritte, die ihre Psychose noch bestätigen".

Was hat die 16-jährige Schwedin getan, dass sie den Groll der Rechten auf sich zieht? Die Antwort ist ernüchternd unspektakulär: Sie fordert größere Anstrengungen gegen den Klimawandel. Seit Monaten zieht sie jeden Freitag unter dem Motto "Schulstreik fürs Klima" vor den Reichstag in Stockholm. Aus ihren Protesten entwickelten sich mittlerweile "Fridays for Future"-Demonstrationen in mehr als 50 Städten, auch vergangenen Freitag waren wieder tausende junge Menschen auf der Straße, etwa in Berlin und Brüssel.

Hass und Häme

Doch während die einen sie für ihren Mut feiern, überschütten andere sie mit Hass und Häme. Jene, die selbst keine Notwendigkeit erkennen, CO2-Limits für die Schwerindustrie einzuziehen, und keine Lust haben, höhere Steuern auf Kohle und Öl zu berappen, halten ihr nun vor, dass sie es einmal gewagt habe, Toast aus einer Plastikfolie zu essen.

Die Angriffe münden in offene Behindertenfeindlichkeit, wenn gefordert wird, Thunberg – die mit dem Asperger-Syndrom lebt – vor sich selbst zu schützen, und ihr unterstellt wird, sie werde manipuliert. Undenkbar anscheinend, dass Behinderte selbst komplex und gesellschaftskritisch denken können.

Von inhaltlicher Kritik an Thunbergs Positionen hingegen: keine Spur. Denn sie hat recht mit ihren Befürchtungen. Die Treibhausgasemissionen steigen weltweit an, eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Wer wie Greta Thunberg darauf aufmerksam macht, dass es gefährlich ist, es sich zu bequem zu machen, muss eben auf andere Art diskreditiert werden. Die 16-Jährige bekommt schlechtes Gewissen in Form von Hass nachgekübelt.

Komplexes Thema Klimawandel

Das gehört zur Strategie der Rechtspopulisten. Der Klimawandel ist ihnen egal, weil die Antworten kompliziert sind und allen etwas abverlangen. Das passt nicht ins wahlarithmetische Beuteschema der Populisten. Viel einfacher ist es, Menschen als fremd brandzumarken. Oder als anders, so wie bei Greta Thunberg.

Das sollte jenen zu denken geben, die um die Zukunft bangen, wenn Rechte vor Migration und dem "Ende des Abendlandes" warnen. Denn ihre Erregung über Warnungen vor echten Gefahren zeigt, dass ihnen das Wohl der nächsten Generationen in Wahrheit egal ist. Besonders zynisch ist es, wenn Thunberg für ihr Alter kritisiert wird. Denn wen, wenn nicht junge Menschen, wird der Klimawandel, den die Rechtspopulisten mit ihrer Politik mitverantworten, betreffen? (Noura Maan, 28.1.2019)