Weniger eklig als gedacht. Asseln riefen beim direkten Kontakt bei den Schülern mehr Freude als Ekel hervor.

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Die großen Augen und das weiche Fell lassen Rennmäuse putzig wirken. Mit dem Einsatz von lebenden Tieren im Unterricht kann das Interesse bei Kindern gefördert werden.

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Salzburg – Sie sind klein, grau bis braun, haben viele Beine und wimmeln unkontrollierbar herum: Bei vielen Menschen rufen Asseln Ekel hervor. Ganz anders als Rennmäuse. Mit ihren großen Augen und dem weichen Fell wirken sie putzig. "Wirbellose Tiere rufen eher Ekel hervor, Säugetiere mit runden Augen haben eher eine positive Wirkung", sagt Lisa Virtbauer, die Leiterin des Schulbiologiezentrums (SBZ) an der Universität Salzburg. Das zeigen etliche Studien. Mit dieser Ausgangslage hat Virtbauer eine Studie zur Wirkung lebender Tiere auf die Emotionen und das Interesse von Schülern erstellt.

Dazu hat sie eine Untersuchung mit 157 Schülerinnen und Schülern zwischen elf und zwölf Jahren durchgeführt. Die Kinder wurden gebeten, in einem Fragebogen mithilfe verschiedener Emoticons selbst zu beurteilen, wie sie auf den anschließenden direkten Kontakt mit den lebenden Tieren reagieren würden. Sie konnten angeben, wie intensiv sie Freude, Angst oder Ekel vor den Tieren einschätzen.

Dann gingen die Schülerinnen und Schüler in Dreiergruppen zu den Tieren. In einem offenstehenden Terrarium befanden sich Rennmäuse, in einem anderen Asseln. Die Kinder konnten die Tiere angreifen, herausnehmen, mit der Lupe ansehen und von allen Seiten beobachten. Nach dem Kontakt mit den Tieren füllten die Kinder erneut einen Fragebogen zu ihren Gefühlen aus.

Mädchen ekeln sich nicht mehr

Ein Ergebnis der Untersuchung: Die selbst eingeschätzten Emotionen deckten sich in ihrer Intensität nicht mit den tatsächlich auftretenden Emotionen während des Tierkontakts. "Die Freude war größer und der Ekel nicht so hoch, wie die Schüler gedacht hätten", sagt Lisa Virtbauer. Auch wenn die Kinder relativ unvoreingenommen auf die Tiere zugingen. Ekel und Freude hielten sich etwa gegenüber den Asseln im Vortest noch fast die Waage. Im Nachtest überwog die Freude dann deutlich. Geschlechterunterschiede zwischen den Kindern wurden übrigens nicht festgestellt. Die Annahme, Mädchen würden sich eher ekeln, entpuppte sich als eine Mär.

Gleichzeitig zeigte sich: Je weniger Erfahrung Kinder bisher mit lebenden Tieren gemacht hatten, desto höher war der Ekel vor dem Kontakt. Je größer hingegen das Vorwissen zu den Tieren war, desto höher war die Vorfreude. "Positive Emotionen wie Freude wiederum fördern das Interesse", sagt Virtbauer. Mit einem Interesse an Tieren würden Kinder auch Interesse an der Natur und der Umwelt entwickeln. Die Studie bestätige, dass im Biologieunterricht Tiere eingesetzt werden sollten, betont die Forscherin.

Schon eine Schulstunde kann Ekel reduzieren

"Primärerfahrungen und der direkte Kontakt mit Tieren sind motivationsfördernd." Dadurch steige auch das Interesse am Biologieunterricht. "Schon eine Schulstunde kann den Ekel vor einem Tier reduzieren." Mit Wissen könnten auch falsche Vorstellungen von Tieren abgebaut werden. "Wie bei der Schlange, von der viele Kinder zunächst glauben, dass sie schleimig oder glitschig sei", gibt Virtbauer ein Beispiel.

Am Schulbiologiezentrum, das an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Salzburg angesiedelt ist, können sich Lehrer und Lehrerinnen auch lebende Tiere für den Unterricht ausleihen. Es gibt eine Auswahl an Kleinsäugern wie Rennmäuse, Meerschweinchen und Ratten, verschiedene Insektenarten, Wasserlebewesen und wirbellose Tieren. Das SBZ bietet auch Führungen und Workshops für Schulklassen vor Ort an.

Abneigung gegenüber Tieren nimmt im Alter zu

Der Kontakt mit Tieren im Kindesalter bereitet auch für später vor. Denn: "Ekel und Abneigung gegenüber Tieren nehmen mit dem Alter tendenziell zu", sagt Virtbauer. Das zeigte sich auch in ihrer Studie, in der auch Studierende befragt wurden. "Die Kinder zeigten schon im Vorhinein weniger Ekel als die Studierenden", erklärt die Biologin. Ekel sei keine angeborene Emotion und entwickle sich erst ab einem Alter von etwa drei Jahren. Mitentscheidend dafür sei auch das persönliche Umfeld wie Eltern, Gleichaltrige oder auch Einflüsse durch Medien. Fest stehe: Biologielehrer und -lehrerinnen können durch den Einsatz von lebenden Tieren im Unterricht das Interesse an Tieren positiv fördern, fasst Virtbauer zusammen. (Stefanie Ruep, 02.02.2019)