Wien – Ein Streich, ein harmloses "Ärgern", seien seine Aktivitäten gewesen, versucht Thomas H. (Name geändert, Anm.) zunächst Richterin Nicole Baczak zu überzeugen. Er sitzt vor ihr, da er laut Anklage zwischen Sommer 2017 und Frühjahr 2018 in zumindest drei Fällen Fake-Profile von Männern angelegt und sie auf Erotikseiten veröffentlicht haben soll. Und zwar solchen, auf denen sich Menschen mit Präferenzen für sadomasochistische Praktiken kennenlernen.

"Ich habe einfach existierende Profile von einer Seite genommen und sie eins zu eins auf andere kopiert", gibt der Unbescholtene zu Beginn zu. "Warum machen Sie das?", fragt Baczak ihn verwirrt. "Es tut mir selbst leid. Ich war perspektivlos und hatte private Probleme. Es war eine Art Ventil", versucht H. es zu erklären. "Dann frag' ich anders: Waren die Profile aktiv?" – "Nein, sie waren komplett passiv", beteuert der Angeklagte.

Links an Opfer geschickt

Der sich dann allerdings gegenüber seinen ihm persönlich völlig unbekannten Opfern als edler Ritter ausgegeben hat. Er kontaktierte ihre ursprünglichen Profile, schickte ihnen Links zu den falschen Identitäten und machte sie darauf aufmerksam, dass damit Frauen belästigt und ausfällige Postings verfasst würden.

"Was genau ist da jetzt der Kick dabei?", lässt die Richterin nicht locker. "Es war Dummheit. Und mir ist das früher auch einmal passiert", hört sie von dem eher unscheinbar aussehenden Brillenträger. "Wollten Sie damit Leute kennenlernen?" – "Nein. Vielleicht ein bisschen ärgern." Verteidiger Thomas Nirk drängt H., ein in einem Vorgespräch formuliertes Motiv auch auszusprechen: "Sie haben ja gesagt, dass Ihnen so was selbst passiert sei. Mir haben Sie gesagt, Sie hatten diese Männer in Verdacht, oder?" – "Ja."

Der Auftritt der Opfer verändert dann die Geschichte aber. Alle drei sagen aus, dass ihre realen Vorlieben verändert und viel extremer dargestellt worden seien. Plötzlich hätten sie sich nach "Zwangsernährung mit KV", "Käfighaltung" und "24-Stunden-GV" gesehnt. Sobald sie von den Seitenbetreibern ein falsches Profil löschen ließen, habe das "Spiel" kurz darauf wieder begonnen, das sei über Monate so gegangen. Durch die Profilbilder seien sie auch erkennbar gewesen.

Auch auf Facebook falsches Profil angelegt

Noch schlimmer traf es Herrn M.: Dessen Foto und überzeichnete sexuelle Praktiken tauchten nämlich sogar auf Facebook auf. Der Angeklagte leugnet zwar, dort ein falsches Profil erstellt zu haben, gibt aber zu, M. anonym via Facebook-Nachricht auf das Falsifikat hingewiesen zu haben. Mit Sätzen wie "Du wirst so richtig fertiggemacht in der SM-Szene" und "Dein Double wirst Du nicht mehr los". Begonnen habe das sogar schon 2015. Erst auf Beharren des Verteidigers bekennt sich H. auch zum Facebook-Profil schuldig.

"Mir ist bis zum Schluss ein Rätsel geblieben, warum Sie das gemacht haben", beendet Baczak den Prozess, nachdem sie zwei Monate bedingt und Bewährungshilfe verhängt hat. (Michael Möseneder, 29.1.2019)