Es ist schon eine sagenhafte Klangkunst, die da in Sachsen gepflegt wird. Und es spricht für die Programmierkunst des Musikvereins und der Managementabteilungen der beiden Spitzenorchester, dass sie unmittelbar hintereinander gastieren. Für zwei Abende mit Werken von Schumann und Mendelssohn Bartholdy kam das Gewandhausorchester Leipzig in den Goldenen Saal, es folgt die sich ebenfalls gerade auf Europatournee befindliche Sächsische Staatskapelle Dresden mit ihrem Chef Christian Thielemann.

Beim ersten seiner Auftritte hatte Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons die Naturschützerin, Menschenrechtlerin und Buchautorin Hélène Grimaud (so heißt es auf ihrer Homepage) dabei, die nebenbei auch noch Klavier, und zwar "mit starkem poetischem Ausdruck und unvergleichlichem technischem Können spielt" (ebenda). Starker Ausdruck: Das stimmt schon (während beim "Können" viele den Vergleich nicht scheuen müssten), und Grimaud versteht es, allein durch ihre weihevolle Haltung Atmosphäre zu erzeugen und nötigenfalls vollgriffige Kaskaden zu donnern.

Sichere statt stilsichere Effkete

Hörte man bei Schumanns Klavierkonzert etwas genauer hin, entpuppte sich freilich der Ausdruck als Pathos, als effektvolle Übertreibung, und das Donnern als vordergründig bruitistisch und wenig differenziert. Nelsons ist demgegenüber ein versierter Organisator, der ebenfalls sichere (aber nicht unbedingt stilsichere) Effekte setzt, dessen Gestaltung vor allem bei Schumanns dritter Symphonie ("Rheinische") dennoch etwas blass blieb.

Das Gewandhausorchester glänzte währenddessen durch eine schwer zu beschreibende homogene Klangkultur, die bei Mendelssohn Bartholdys Ouvertüre Meeresstille und glückliche Fahrt mit den schönsten Pastellfarben einsetzte und mit überschießendem Schwung schloss. (daen, 29.1.2019)