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Auch Ultrarechte ziehen sich in Paris gelbe Westen über.

Foto: AP Photo/Kamil Zihnioglu, File

Mit gereckter Faust über das Pariser Kopfsteinpflaster marschieren und Slogans gegen den Machthaber im Élysée-Palast schreien – das ist in Frankreich ein sakrosanktes Volksrecht. Premierminister Édouard Philippe weiß deshalb, wie heikel sein neuestes Unterfangen ist: Um den chronischen Gelbwesten-Krawallen "vorzubeugen", wie er sagt, hat die Nationalversammlung am Dienstag seinen Gesetzesvorschlag aufgenommen. Und prompt meldet nicht nur die Linke, sondern sogar die Macron-Partei La République en Marche (LRM) Einwände an.

Die Vorlage gibt dem Polizeipräfekten das Recht, notorisch gewalttätigen Personen den Besuch einer Demo zu verbieten. Zuwiderhandlungen werden mit bis zu sechs Monaten Haft bestraft. Vorladungen auf eine Polizeiwache sollen das Verbot durchsetzen.

Angst um Gewaltenteilung

Die LRM-Abgeordnete Paula Forteza befürchtet einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung, wenn eine Verwaltungseinheit wie die Präfektur – und nicht ein Strafrichter – ein Demoverbot erlasse. Linksparteien drohen mit einer Verfassungsklage. Aus diesem Grund verzichtet die Regierung auf die anfänglich geplante Schaffung eines Registers für gewalttätige Demonstranten.

Wenn das Gesetz in den nächsten Tagen dank der LRM-Mehrheit genehmigt wird, erhält der Präfekt zudem die Möglichkeit, Sicherheitszonen um Demonstrationsrouten zu erlassen. Die konservative Ratsseite will auch durchsetzen, dass die Verursacher von Schäden persönlich haften sollen. Bisher kommen in Frankreich die Versicherungen und in zweiter In stanz der Staat für Demonstrationsfolgen auf.

Innenminister Christophe Castaner betont generell, im Visier seien nicht die Gilets jaunes, sondern Extremisten wie die des Schwarzen Blocks. In der Parlamentsdebatte erweckt er aber einen defensiven Eindruck. Der Grund ist drei Tage alt: Am Samstag ist der filmende Gelbwesten-Exponent Jérôme Rodrigues in Paris durch ein Polizeigeschoß schwer verletzt worden. Die Partei von Linkenchef Jean-Luc Mélenchon will deshalb im Gesetz auch die Gummigeschoße LBD 40 verbieten. Die Abgeordnete Clémentine Autain wirft der Regierung dennoch vor, sie verschließe die Augen vor Polizeigewalt. Ihr Parteikollege Ugo Bernalicis verlangte eine Sonderdebatte über polizeiliche Repression. Das wäre mehr oder minder das Gegenteil der aktuellen Regierungspläne. (Stefan Brändle aus Paris, 29.1.2019)