Die Neos sind für eine Europaarmee und dafür, die Neutralität allmählich zu vergessen. Das sind unpopuläre Positionen, mit denen man bei den Europawahlen keinen Blumentopf gewinnen wird.

In einem aber haben die Neos recht: Europa und die EU sind bedroht wie schon lange nicht, und zwar auch mit einer militärischen Komponente.

Die alte Sicherheitsgarantie, die die Nato sieben Jahrzehnte lang gegeben hat, ist in höchster Gefahr. US-Präsident Donald Trump hat mehrfach in kleinem Kreis gesagt, dass er aus der Nato austreten will. Der "Editorial Board" der "New York Times", also praktisch das Herausgebergremium, befand es für notwendig, unter dem Titel "Saving Nato" eine Warnung zu veröffentlichen, in der der Senat aufgefordert wird, so wie das Repräsentantenhaus Trump mit einem Beschluss einen Riegel vorzuschieben.

Ein Zusammenbruch der Nato wäre ein Gottesgeschenk für Russlands Präsident Wladimir Putin, der die EU sprengen und unter seinen Einfluss bringen will. Namhafte US-Kommentatoren gehen davon aus, dass Trump nicht nur aus Gründen seiner "Go it alone"-Philosophie Taten setzt, die objektiv die Politik Putins begünstigen, sondern dass der "irgendetwas gegen Trump in der Hand hat".

Die FPÖ und etliche andere Putin-Versteher beziehungsweise Putin-Trolle in diesem Land mögen davon träumen, dass Russland sozusagen ein natürlicher Partner Europas sei. Aber das wirtschaftlich rückständige Russland (mit einem kleineren Bruttoinlandsprodukt als Großbritannien) ist nur dann Partner, wenn es sich nicht mit Druck holen kann, was es braucht.

Unerträgliche Irritation

Mehr noch: Die Existenz der EU und eines prosperierenden freien Westens überhaupt ist für Putin eine unerträgliche Irritation. Sie gefährdet, allein durch ihr Beispiel, seine Herrschaft. Deswegen gibt es massivste Hinweise darauf, dass russische Hacker- und Trollarmeen sowohl den Ausgang der Wahl in den USA wie den des Brexit-Votums entscheidend beeinflusst haben.

Der sozialdemokratische Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Andreas Schieder, hält die Nato für "kaputt" und stellt sich für die EU "weniger horrende Militärausgaben, dafür aber Mittel für eine humanitäre Außenpolitik" vor. Die wird Putin sicher von weiteren Abenteuern abhalten.

Europa braucht eine gemeinsame Militärpolitik, nicht unbedingt eine gemeinsame Armee unter gemeinsamem Kommando. Österreich sollte sich, ohne die Neutralität aufzugeben, daran pragmatisch beteiligen. Auch und gerade an der Abwehr des russischen Cyberwar.

Solange allerdings eine moskautreue FPÖ die bewaffnete Macht und vor allem sämtliche Geheimdienste im Griff hat (Danke, Herr Bundeskanzler!), schaut es schlecht damit aus. Die russischen Panzer werden nicht über die Grenzen der EU rollen, oder? Höchstwahrscheinlich nicht. Aber die russische Militärmacht ist ein Drohpotenzial, um Zugeständnisse zu erpressen. Darauf sollte es die EU besser nicht ankommen lassen. Und Österreich sollte nicht glauben, dass es sich da herausschwindeln kann. (Hans Rauscher, 29.1.2019)