Nicht dass Peking und Washington bisher zimperlich miteinander umgegangen wären. Aber die jüngsten Methoden in der sino-amerikanischen Auseinandersetzung stellen schon eine massive Aufrüstung dar. Leitbetriebe eines Landes und deren führende Manager mit Anklagen einzudecken erinnert frappant an den Kalten Krieg. Tatsächlich scheint sich der Konflikt zwischen den USA und China immer stärker jenem Punkt anzunähern, um den es eigentlich geht. Um die technologische Führerschaft und somit um die wohl bedeutendste Zukunftswaffe.

All diese Aspekte spielen in der Causa Huawei eine bedeutende Rolle. Der chinesische Konzern mag in Europa für seine smarten Handys bekannt sein, strategisch bedeutsam ist er aber wegen seiner Kompetenzen auf dem Gebiet des Mobilfunks und der künstlichen Intelligenz. Vor allem bei den anstehenden Großaufträgen zur Umstellung auf den schnellen MobilfunkStandard 5G könnte der Konzern mit seinen 180.000 Mitarbeitern groß absahnen. Technische Kompetenz gepaart mit günstigen Preisen lässt alteingesessene Konkurrenten alt aussehen. Werden Cisco, Nokia oder Ericsson bei den anstehenden Umrüstungen ausgebootet, wird Huawei die Telekommärkte dauerhaft dominieren.

Wie stark das Privatunternehmen unter staatlicher Kuratel steht und inwieweit Industriespionage bei den Aktivitäten ein Thema ist, lässt sich schwer sagen. Dass die USA in puncto Spionage auch nicht gerade mit weißer Weste dastehen, sei nur am Rande erwähnt. Recht naheliegend ist der Verdacht, dass die USA die Anschuldigungen als Vorwand heranziehen, um Huawei auszubremsen. Schon Chinas zweitgrößten Stern am Telekomhimmel, ZTE, ließ das Weiße Haus ordentlich ausrutschen. Indem Chipzulieferungen aus den USA untersagt wurden, stand ZTE mit 80.000 Mitarbeitern knapp vor dem Kollaps, den der Konzern nur dank massiver Zugeständnisse an die USA verhindern konnte.

Firmenübernahmen und geostrategische Offensiven

Die jetzigen Entwicklungen dürften nur der Anfang sein, denn US-Präsident Donald Trump ist fest entschlossen, den Aufstieg Pekings zu stoppen. Zu groß wähnt er die Gefahr, dass China die USA in ein bis zwei Jahrzehnten nicht nur als größte Wirtschaftsmacht überholen, sondern auch zum Technologieprimus aufsteigen wird. Genau diesen Anspruch erhebt das Reich der Mitte und untermauert die Pläne mit konkreten Vorgaben für Schlüsselindustrien, die entsprechend stark gefördert werden. Ob Luftfahrt, E-Mobilität, Halbleiter, Batterien, Telekommunikation oder künstliche Intelligenz: Es gibt keinen Zukunftsbereich, in dem China nicht vorne mitmischen will.

In der Kombination mit Firmenübernahmen und geostrategischen Offensiven, zu denen die "neue Seidenstraße" zählt, verlässt China die verlängerte Werkbank in Richtung wirtschaftliche Weltmacht. Der Westen tut sich im Umgang mit dem KP-gesteuerten Vormarsch schwer. In Europa überdeckten gewaltige Infrastrukturkredite aus China lange die Problematik des steigenden Einflusses Pekings.

Nun sind es – wie in so vielen anderen Fragen – die USA, die einen Keil zwischen EU-Staaten treiben. Großbritannien und Polen haben sich dem Feldzug gegen Huawei angeschlossen. Eine eigenständige digitale Strategie Europas – mit, gegen oder unabhängig von China – ist kaum erkennbar. Dabei geht es im technologischen Wettrüsten um viel: um nicht weniger als die Zukunft. (Andreas Schnauder, 29.1.2019)