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Eisschollen treiben auf dem Chicago River.

Foto: Reuters/Istek

Chicago/Minneapolis – Millionen Menschen im Mittleren Westen der USA müssen sich auf eine extreme Kältewelle mit Temperaturen von minus 34 Grad Celsius und darunter einstellen. Der Nationale Wetterdienst (NWS) warnte am Dienstag (Ortszeit) vor "lebensbedrohlichem arktischem Wind" und gefühlten Temperaturen um die minus 45 Grad Celsius.

"Dies sind sehr gefährliche Bedingungen, die in weniger als fünf Minuten zu Erfrierungen auf ungeschützter Haut führen können", twitterte das NWS-Büro in Minneapolis, Minnesota. Rund 212 Millionen Einwohner müssten bis Donnerstag mit Werten unterhalb des Gefrierpunkts rechnen.

Flüge gestrichen

Verantwortlich für die "arktische Kälte" ist der sogenannte Polarwirbel, ein Band kalten Westwinds, das normalerweise über dem Nordpol kreist. Wird der Wirbel geschwächt, kann die Luft in niedrigere Breiten entweichen. Eine These hält die Klimaerwärmung für die Abspaltung für verantwortlich. Zum Mittleren Westen der USA werden Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Michigan, Minnesota, Missouri, Nebraska, North Dakota, Ohio, South Dakota und Wisconsin gezählt.

Bis Mittwoch seien wegen der Kälte auf diversen Flughäfen mehr als 2.700 Flüge gestrichen worden, berichtete der Sender CNN. Besonders betroffen sei Chicago. Die Millionenmetropole im Staat Illinois wurde als "Epizentrum" der Kältewelle beschrieben – es werden dort Rekordwerte von minus 32 Grad Celsius erwartet.

Schulen geschlossen

Angesichts des brutalen Frosts müssen selbst die wettergeprüften Zusteller des US-Postdienstes vielerorts kapitulieren. Der USPS teilte mit, der Dienst werde in Iowa, Minnesota sowie in Teilen Wisconsins und Illinois' eingestellt. In vielen Bundesstaaten bleiben zudem Schulen und manche Universitäten geschlossen.

Mindestens zwei Todesfälle werden der extremen Kälte zugeschrieben: In Milwaukee wurde am Dienstag ein 55-Jähriger tot aufgefunden, der zuvor vor seiner Garage Schnee weggeschaufelt hatte, wie CNN berichtete. In Rochester, Minnesota, sei am Sonntag ein 22-Jähriger gestorben. Der Mann habe keine Schlüssel dabeigehabt und sei daher nicht in das Haus gekommen.

In Illinois rief Gouverneur J. B. Pritzker den Katastrophenfall aus. "Das kalte Wetter, das sich zwischen Dienstagabend und Donnerstagfrüh auf den Weg zu uns macht, könnte uns Temperaturen bringen, die wir vorher noch nicht erlebt haben. Sie stellen eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Menschen im ganzen Staat dar", schrieb Pritzker.

Auch der Gouverneur von Wisconsin, Tony Evers, erklärte die Temperaturen zum Katastrophenfall. Im Bundesstaat Iowa, wo ähnliche Tiefstwerte erwartet werden, empfiehlt die zuständige NWS-Zweigstelle Bürgern, "tiefe Atemzüge" zu vermeiden und so wenig zu sprechen wie möglich: "Das hier ist die kälteste Luft, die viele von uns jemals erlebt haben", hieß es in ihrem Wetterbericht von Dienstagfrüh (Ortszeit). "Das hier ist kein Fall von: "Na ja, es ist Iowa im Winter, und diese Kälte kommt nun einmal vor.""

Die gefühlten Temperaturen – in den USA spricht man von "Windchill"-Werten – liegen oft deutlich tiefer. Schon Dienstagfrüh wurden laut NWS im US-Staat Maine diesbezügliche Werte von bis zu minus 49 Grad Celsius errechnet. Der "Windchill-Effekt" beschreibt die Abkühlung der Haut bei erhöhter Windgeschwindigkeit.

Trump vermisst Erderwärmung

US-Präsident Donald Trump nutzte das kalte Wetter, um über die Erkenntnisse der Wissenschafter über die weltweite Klimaerwärmung zu spotten. "Was zum Teufel ist mit der Erderwärmung los? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich", schrieb er auf Twitter.

Die US-Klimabehörde NOAA, welche die Atmosphäre und Ozeane überwacht und für den Wetterdienst zuständig ist, widersprach Trump und erteilte ihm dabei gleich noch eine Lektion: "Winterstürme sind kein Beweis dafür, dass es keine globale Erwärmung gibt", erklärte sie auf Twitter und verlinkte ihre Kurzbotschaft mit einem Artikel, der erläutert, warum die Erwärmung der Ozeane für polare Kältewellen und Rekordschnee mitverantwortlich ist.

(APA, 30.1.2019)