Der Beschluss zum Backstop bringt für Theresa May etwas Licht ins Dunkel.

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Endlich weiß Theresa May, was das Parlament will. Schon vor den Abstimmungen am Dienstagabend hatte sie signalisiert: Ja, sie würde den "Deal" neu verhandeln – aber bitte, sagt mir, wohin die Reise gehen soll.

Die zwei Anträge, die eine Mehrheit erreichten, spiegeln den komplizierten Zustand im Londoner Unterhaus wider: Einen Chaos-Brexit, also einen EU-Austritt ohne Vereinbarungen, will man auf keinen Fall. Den Deal, den May mit der EU ausverhandelt hat, will das Parlament aber auch auf keinen Fall.

Denn das Problem ist – und das ist nun also amtlich – der Backstop, die Auffanglösung an der nordirisch-irischen Grenze. Während der erste parlamentarische Wunsch zur Vermeidung eines Chaos-Deals nicht bindend ist, bringt der Beschluss zum Backstop – zumindest für Theresa May – etwas Licht ins Dunkel.

Hoffen auf Hardliner

Sie kann durchaus gestärkt aus dem Abend gehen. Zumindest hat sie nun eine klare Handlungsanweisung: zurück nach Brüssel und den Backstop neu verhandeln. Anders als im Dezember kann sie sich nun sicher sein, dass sie mit einem Deal, der die Offenhaltung der irischen Grenze nicht als permanenten Zustand festschreibt, auch die Hardliner auf ihrer Seite hat und den Brexit somit durchs Parlament bekommen würde.

Der Ball liegt also bei der Europäischen Union, die bekanntlich genau diesen Punkt immer kategorisch abgelehnt hat. Obwohl die EU-Kommission das Verhandlungsmandat im Brexit-Poker hat, lauscht diese sehr wohl mit Hellhörigkeit auf Signale der Staats- und Regierungschefs der EU. Und so wird die Frage sein, was Irlands Premierminister Leo Varadkar signalisiert. Zunächst blieb der aber stumm. Solange sich Varadkar nicht bewegt, wird sich auch die EU nicht bewegen.

"Plan C"

Doch wie soll eine Irland-Lösung aussehen, die sowohl von der EU als auch vom Londoner Parlament abgenickt wird? Manche munkeln nun von einem "Plan C". Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe britischer Parlamentarier – unter ihnen der Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg genauso wie die moderate Konservative Nicky Morgan – schlägt ein "Irland-Protokoll" anstelle des Backstops vor: Während die Beziehungen zur EU auf WTO-Regeln basieren würden, soll es an der irischen Grenze dennoch zu keinen Grenzkontrollen kommen. Doch auch dieser Lösung wird nicht genug Unterstützung im Unterhaus prognostiziert.

Was also tun? Dass im Londoner Parlament Chaos herrscht, ist seit Monaten offensichtlich. Und die Abstimmungsergebnisse vom Dienstag zeigen: Niemand hat Alternativen. Auch das kommt nicht überraschend. Aber jetzt ist es amtlich.

Doch zumindest ist das Ergebnis ein Schritt vorwärts. Und eine Front hat sich bereits aufgeweicht: Labour-Chef Jeremy Corbyn, der noch vor zwei Wochen Verhandlungen mit Theresa May verweigerte, will nun doch mit der Premierministerin reden. (Anna Sawerthal, 30.1.2019)