"Kaltes Herz" – eine Neufassung von Wilhelm Hauffs Märchen im Theater Phönix in Linz

Foto: Helmut Walter

Für den jungen Kohlenmunk Peter, einen Kohlenbrenner aus dem Schwarzwald, war die Sache noch recht eindeutig. Das Kohleschaufeln langweilt ihn. Schlimmer noch: Die schönen Kleider und prallen Geldbeutel der höheren Stände machen sein ödes Köhlerdasein unerträglich. Dort, wo sich sein Glück der Sage nach verborgen hält, findet er es auch: im Wald bei den Geistern und Sagenfiguren. So beginnt das Kunstmärchen Das kalte Herz von Wilhelm Hauff.

Im Linzer Theater Phönix bringt Volker Schmidt ab heute diese alte Geschichte wieder auf die Bühne – allerdings in neuem Gewand: Peter Munk (Adrian Hildebrandt) ist kein Köhler, sondern ein Arbeiter in der größten Schokoladenfabrik von Baden-Württemberg. Auch er ist sich selbst nicht genug und verfällt den gesellschaftlichen Vorstellungen, was schön ist und was man haben muss. Sein Glück sucht er nicht mehr im Wald bei den Geistern. Es wird ihm aufgedrückt: ein Spam-Mail, das verlockt. Er ruft an. Schnell kommt er zu Geld, glücklich macht ihn das nicht. Was bei Hauff das personifizierte Böse in Gestalt eines Waldgeists ist, taucht bei Schmidt als Erfolgscoach und Anlageberater auf.

Der Schwarzwald heute

Die Geschichte endet bei Hauff glücklich. Der Köhler sieht ein, dass er auf andere Werte setzen sollte als auf Erfolg und Schönheit. Schmidts Neufassung des Texts konzentriert sich laut eigenen Aussagen "auf die gesellschaftlichen Prozesse, die heute Herzen erkalten lassen". Hauffs märchenhafte Besinnungskur wird zur Darstellung sozialer Entwicklungen, die viele vereinsamen lassen.

Dafür reiste der Regisseur in den Schwarzwald und beobachtete Arbeiter in der Fabrik von Rittersport. Besonders faszinierte ihn dort die Symbiose multinationaler Konzerne mit dörflichen Strukturen. (Laurin Lorenz, 31.1.2019)