Die Bediensteten der Stadt Wien sind im Durchschnitt 44 Jahre alt. Das führt zu mehr und längeren Krankenständen, heißt es aus dem Rathaus.

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Wien – Es könne in Wien irgend etwas nicht ganz stimmen, so lautete am Mittwoch das Resümee von ÖVP-Gemeinderat Wolfgang Ulm. Denn die Krankenstände der Magistratsbediensteten der Stadt (inklusive deren Unternehmungen Wiener Wohnen, Wien Kanal und Krankenanstaltenverbund) seien einfach zu hoch. So waren die Vertragsbediensteten im Jahr 2017 im Durchschnitt 13,37 Tage in Krankenstand, Beamte haben sogar 17,50 Tage aus gesundheitlichen Gründen gefehlt.

Die Bediensteten der Stadt Wien waren somit im Durchschnitt rund drei Wochen krank, zeigt eine Anfragebeantwortung des für Personal zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ), die dem STANDARD vorliegt. Zum Vergleich: Die Beamten des Bundes sind durchschnittlich 12,4 Tage krank, ein ASVG-Bediensteter ist 12,5 Tage im Jahr krankgemeldet.

Längere Krankenstände

Ulm sieht in den vielen Krankenstandstagen der Stadt ein "systematisches Problem", das auf "große Fehler im Personalmanagement" zurückzuführen sei. Denn die Problematik ist nicht neu. Seit 2013 stagnieren die Krankenstände auf dem hohen Niveau.

Einen Anstieg gibt es bei den Langzeitkrankenständen. So waren im Jahr 2017 4.487 Bedienstete länger als 50 Tage krank, während es 2016 nur 4.337 waren. Auch die Anzahl der Mitarbeiter, die mehr als ein halbes Jahr in Krankenstand waren, stieg von 1.334 auf 1.382 Fälle. Inklusive der Unternehmungen beschäftigt die Stadt Wien rund 65.000 Personen.

"Krankenstände hängen immer auch wesentlich mit der Altersstruktur der Bediensteten zusammen", heißt es auf Anfrage aus dem Büro Czernohorszky. Der Altersdurchschnitt der städtischen Bediensteten steige und liege derzeit bei knapp 44 Jahren. In den nächsten zehn bis zwölf Jahren wird rund ein Drittel der Bediensteten in Ruhestand gehen. "Diese Altersstruktur trägt nicht nur zu mehr Krankenständen bei, sondern hat auch auf die Länge von Krankenständen eine Auswirkung", so die Auskunft aus dem Rathaus. Die Genesungsprozesse der Kranken dauern mit dem Alter eben einfach länger.

Keine Altersteilzeit

Für Markus Tiller, den Landesvorsitzenden der Fraktion Christlicher Gewerkschafter bei den Gemeindebediensteten, liegt eine Ursache der vielen Krankenstandstage im Umgang der Stadt mit dem hohen Alter ihrer Mitarbeiter. In den städtischen Strukturen ist nämlich keine Altersteilzeit vorgesehen. Dass es für die Bediensteten somit derzeit keine Möglichkeit gibt, "sanft" in den Ruhestand überzugehen, ist für den ÖVP-nahen Gewerkschafter ein "Armutszeugnis".

Im Rathaus heißt es, dass die Stadt derzeit an einem Programm und einem Maßnahmenplan unter dem Titel "Arbeitswelt und Gesundheit" arbeite. Ein Teil des Programms sei auch die Flexibilisierung von Arbeitszeiten unter den Aspekten Gesundheit und Alter.

Das ist der ÖVP Wien nicht genug. Neben der Altersteilzeit soll in der Stadt auch eine "ernste Auseinandersetzung mit Präventionsmaßnahmen" stattfinden. So brauche es etwa Rückzugsmöglichkeiten für das Personal, um Bildschirmpausen zu machen oder den Rücken zu entspannen. Denn Rückenprobleme, so Ulm, seien neben Burnout-Symptomen die häufigsten Krankenstandsgründe.

Kaum kranke Ärzte

Speziell sind die Krankenstände im Wiener Krankenanstaltenverbund. Insgesamt sind die KAV-Mitarbeiter (Beamte und Vertragsbedienstete) mit 14,23 Tagen ähnlich oft krank wie der Rest der Stadtbediensteten. Während die Mitarbeiter in der KAV-Verwaltung im Schnitt 18,72 Krankenstandstage aufweisen, sind es bei den Ärzten nur 2,32. Für die ÖVP ist diese Zahl aber nicht nur positiv zu bewerten. Tiller nennt es "Krankenstandsverschleierung". So würden Ärzte im Krankheitsfall einfach ihre Dienste mit Kollegen tauschen und seien dadurch in ihrer Freizeit krank. (Oona Kroisleitner, 30.1.2019)