München – Die weltweite Adipositas-Epidemie hat einen Höchststand erreicht und betrifft heute nicht mehr nur Industrie- sondern auch Schwellenländer. Wissenschafter versuchen daher mit Hochdruck, den Mechanismen hinter der Krankheit auf die Spur zu kommen, um therapeutische Eingriffsmöglichkeiten zu finden. Nun haben Forscher am Institut für Diabetes und Adipositas (IDO) des Helmholtz Zentrums München einen weiteren Schritt in diese Richtung gemacht.

"Ob wir hungrig sind oder uns satt fühlen, entscheidet sich maßgeblich im Gehirn – speziell im sogenannten Hypothalamus" erklärt IDO-Wissenschaftler Alexandre Fisette, der gemeinsam mit Carmelo Quarta eine Studie dazu gemacht hat. "Hier kontrollieren vor allem zwei Gruppen von Nervenzellen über verschiedene Botenstoffe das Körpergewicht und den Energiehaushalt. Sie sorgen für ein sensibles Gleichgewicht."

Aus der Balance

Während die einen die Nahrungsaufnahme stimulieren (sogenannte Agrp-Neuronen), erzeugen die anderen (Pomc-Neuronen genannt) ein Sättigungsgefühl. Gerät dieses Wechselspiel aus der Balance, kann daraus krankhaftes Übergewicht oder yp-2-Diabetes entstehen.

"In der aktuellen Arbeit haben wir nun herausgefunden, dass ein Transkriptionsfaktor namens Tbx3 hierbei eine Schlüsselrolle einnimmt", so Carmelo Quarta. "Konkret bedeutet das, dass ohne Tbx3 die Nervenzellen für das Sättigungsgefühl keine Botenstoffe produzieren können." Mit Hilfe eines breiten Methodenspektrums konnten die Wissenschaftler anschließend belegen, dass Tbx3 demnach für die Aufrechterhaltung des Energie- und Zuckerstoffwechsels eine entscheidende Rolle spielt – und damit das Körpergewicht steuert.

Tief im Hirn

"Sowohl in einem präklinischen Modell als auch in Fruchtfliegen führt das Fehlen von Tbx3 zu einer Art Identitätskrise der Sättigungsnerven und in der Folge zu krankhaftem Übergewicht", schildert Fisette. Und auch beim Menschen scheinen die entsprechenden Signalwege vorhanden zu sein: "In ersten Versuchen mit menschlichen Nervenzellen konnten wir zeigen, dass diese ihrer Funktion nicht nachkommen können, wenn Tbx3 fehlt", ergänzt Quarta. (red, 2.2.2019)