Venezuelas Machthaber sitzt in der Falle. Immer nervöser werden die Auftritte von Nicolás Maduro, immer erratischer seine Vorschläge – mal will er einen Dialog mit seinen Gegnern, mal das (oppositionelle) Parlament neu wählen lassen. Sein Rivale Juan Guaidó gibt von früh bis spät Pressekonferenzen und Interviews, ohne dass ihn das Militär daran hindert. Der Oberste Gerichtshof hat zwar ein Ausreiseverbot über ihn verhängt und seine Konten (in wertlosem Bolívar) gesperrt, aber keinen Haftbefehl beantragt. Die Loyalität zum Regime bröckelt: Zwei der regierungstreuen Richter enthielten sich wegen offensichtlicher Formverstöße.

Vor allem aber haben die USA ihre schärfste Waffe gezückt: ein Erdölembargo. Das ist auch ein Schnitt ins eigene Fleisch – US-Ölkonzerne und Hedgefonds, die alle noch Geschäfte mit venezolanischem Öl und Staatspapieren getätigt hatten, sind davon ebenfalls betroffen. Deshalb hatte Maduro damit nicht gerechnet. Das Embargo bedeutet, dass der Bargeldfluss in die Staatskassen nahezu versiegt. Für das venezolanische Schweröl fehlen Verflüssiger, für das Benzin Additive, die Reeder der Öltanker müssen fürchten, dass ihre Ware unterwegs abgefangen und beschlagnahmt wird; etwaige Käufer werden keine Bank finden, über die sie bezahlen könnten. Der verschuldete Staatskonzern PDVSA, rechnen Experten, dürfte in Kürze den Exportausfall erklären.

Langfristige Unterstützung unsicher

Der größte noch in Cash bezahlende Kunde Venezuelas waren die USA. Der Rest der Ölexporte sind Schuldenrückzahlungen an China und Russland oder Tauschgeschäfte mit Kuba. Die beiden Großmächte sind bereits nervös, dass sie ihre Außenstände nicht mehr eintreiben können; Russland befürchtet, seine Anteile an Citgo zu verlieren, dem venezolanischen Staatskonzern, der in den USA eine Raffinerie und Tankstellen unterhält. Die Einnahmen und Aktiva von Citgo, heißt es im Embargobeschluss der USA, gehören fortan der Opposition. Derzeit scheinen weder Russland noch China bereit zu sein, langfristig Milliarden in einen unsicheren strategischen Verbündeten zu investieren oder Maduro gar militärisch zu unterstützen. Beide pokern aber, um so viel wie möglich herauszuholen.

Mit leerer Kriegskasse und unsicheren Verbündeten, so wussten schon die Römer, lässt sich kein Krieg gewinnen. Um zu Geld zu kommen, könnte Maduro die Goldreserven anzapfen und den Goldabbau im Amazonasbecken forcieren, um damit die Generäle bei Laune zu halten. Doch was nützen Generäle ohne Truppe? Bei der gärt es schon seit einiger Zeit gewaltig. Hyperinflation und Mangelwirtschaft haben die Moral zersetzt, Auswanderung hat die Reihen gelichtet. Die Kubaner, Maduros Kriegsstrategen, glauben aus eigener Erfahrung, dass ein US-Embargo kein Todesurteil sein muss. Doch Maduro ist nicht Fidel Castro, Erdöl nicht vergleichbar mit Zucker. Man darf auf den nächsten Schachzug gespannt sein. (Sandra Weiss, 31.1.2019)