Brüssel/Caracas – Das Europaparlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit Juan Guaidó als venezolanischen Übergangspräsidenten anerkannt. Als Grund für die klare Positionierung wurden in der Erklärung die jüngsten Äußerungen des amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro genannt. Dieser hatte die EU-Forderung nach einer umgehenden fairen Neuwahl des Präsidenten öffentlich abgelehnt.

Ob sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Linie in der Frage der Anerkennung Guaidós einigen können, galt bis zuletzt als unklar. Zu dem Thema sollte es am Donnerstagnachmittag noch einmal Gespräche bei einem informellen Außenministertreffen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest geben.

Ultimatum zurückgewiesen

Mehrere europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich und Spanien hatten Maduro zuletzt ein Ultimatum bis Sonntag gestellt, um Neuwahlen anzusetzen. Ansonsten wollen auch sie sie Guaidó als Interimsstaatschef anerkennen. Maduro hat das Ultimatum zurückgewiesen.

Juan Guaidó ist für viele, auch für die Mehrheit der Abgeordneten des EU-Parlaments, der legitime Übergangspräsident Venezuelas.
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US-Präsident Donald Trump hatte Guaidó bereits zuvor als legitimen Präsidenten anerkannt und ihm auf Twitter der "starken Unterstützung für den Kampf Venezuelas zur Wiedergewinnung seiner Demokratie" versichert.

Journalisten in Haft

Zahlreiche Venezolaner hatten am Mittwoch für Guaidó demonstriert und die Unterstützung des Militärs gegen Maduro gefordert. Mehrere ausländische Journalisten, die über die Proteste berichtet hatten, sind zuletzt in Venezuela festgenommen worden. Betroffen sind Mitarbeiter der spanischen Nachrichtenagentur EFE und des französischen Senders TF1. Spanien verlangte die unverzügliche Freilassung der spanischen Journalisten.

In Venezuela tobt ein Machtkampf zwischen Maduro und dem oppositionellen Parlamentspräsidenten Guaidó, der sich vor einer Woche zum Übergangspräsidenten erklärte. Der seit 2013 amtierende Maduro wirft den USA einen Umsturzversuch vor.

Gerüchte über Goldtransport nach Moskau

Indes ist Berichten zufolge ein leeres russisches Passagierflugzeug nach Venezuela und zurück geflogen, was Rätsel aufgibt. Die Opposition vermutete, dass Gold damit außer Landes geschafft werden sollte. Die Sprecherin des Außenamts in Moskau, Maria Sacharowa, sagte am Donnerstag lediglich: "Ich kann sagen, dass wir nicht über die Evakuierung russischer Diplomaten, ihrer Familien und von Angestellten russischer Unternehmen sprechen."

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Die Opposition wirft Maduro vor, tonnenweise Gold außer Landes gebracht zu haben.
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Die Opposition sprach in einem Tweet davon, dass sie Hinweise darauf habe, dass die Maschine aus Russland 20 Tonnen Gold der Zentralbank außer Landes schaffen sollte. Dem Kreml lägen dazu keine Informationen vor, erklärte Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch und ergänzte: "Russland ist bereit, auf jede erdenkliche Weise zur Lösung der innenpolitischen Lage in Venezuela beizutragen, ohne in die inneren Angelegenheiten dieses Landes einzugreifen."

Asyl für Maduro?

Zu der Maschine mit etwa 500 Sitzplätzen selbst sagte die Sprecherin des Außenministeriums nichts: Sie könne nichts zu Flügen sagen, die nicht zu offiziellen Zwecken geschickt worden seien. Zwischen Moskau und der Hauptstadt Caracas gibt es keinen Direktflug. In russischen Medien wird seit Tagen über die Hintergründe spekuliert.

Russland gehört zu den wenigen Ländern, die den sozialistischen Staatschef Nicolas Maduro unterstützen. Nach Angaben Maduros hat er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erst vor wenigen Tagen über eine verstärkte Zusammenarbeit gesprochen. Die russische Boulevardzeitung "Moskowski Komsomolez" schlug indes vor, Russland könne "seinem Freund Maduro politisches Asyl gewähren". (APA, red, 31.1.2019)