Anton Kreilinger wird nicht freiwillig gehen: "Wenn die mein Haus abreißen, müssen s' mich erst raustragen."

Foto: Werner Dedl

Mining – "Ein Querulant? Nein, ganz sicher nicht." Beliebt sei er in der ganzen Gemeinde. Anton Kreilinger, den alle hier nur Toni nennen, winkt Besucher zur Wand neben der Eingangstür des unscheinbaren Hauses gleich am Ortseingang der kleinen Innviertler Gemeinde Mining. Eine gerahmte Urkunde weist Kreilinger als kommunalen Ehrenringträger aus. "Das kriegst nicht, wennst ein Streithansl bist."

Zumindest hat Anton Kreilinger einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Oder um es mit den Worten des ehemaligen Bereichsleiters einer Versicherung zu sagen: "Ungerechtigkeiten halte ich nicht aus, da werde ich zur Hyäne." Recht und Unrecht, Verständnis und Unverständnis prallen auf der kleinen Parzelle 272/2 tatsächlich seit Jahren hart aufeinander.

Vor 49 Jahren haben die Kreilingers ihren Wohntraum auf der grünen Wiese verwirklicht. Jahrzehntelang ist die ländliche Harmonie im Gleichgewicht. Doch ab 2014 ist nichts mehr im grünen Bereich.

Eigentor durch die Hecke

Oder vielmehr: Deutlich zu viel ist im grünen Bereich. Die Eibenhecke an der Grundgrenze der Nachbarin hat 2014 eine stattliche Höhe von gut drei Metern erreicht, die Kreilingers fordern angesichts getrübter Lichtverhältnisse einen Schnitt. Diesen verweigert die Nachbarin – um nackt im Schwimmteich zu planschen, brauche es einen Sichtschutz.

Eine gütliche Einigung bleibt aus, Anton Kreilinger wählt den Gang zum Kadi. Und löst eine ungeahnte Behördenlawine aus. Im Zuge des Heckenstreits wird nämlich plötzlich deutlich, dass das Eigenheim der Kreilingers eigentlich nicht dem Bebauungsplan entspricht. 80 Zentimeter steht das Gebäude zu nahe an der Grundgrenze. Zudem ist das Dach als Sattel- und nicht als Walmdach ausgeführt. Das Ehepaar sieht sich im Recht, da es 1968 in Oberösterreich noch keine vorgeschriebenen Mindestabstände zur Grundstücksgrenze gab.

"Und wir sind damals auf Bitten des ehemaligen Bürgermeisters nach hinten gerückt und haben der Gemeinde einen Grundstreifen für einen Gehsteig abgetreten", erzählt Kreilinger dem STANDARD. Über die Jahre erhält das Ehepaar immer wieder entsprechende Bewilligungen für das Gebäude. Erst 2008 wird der veraltete Bebauungsplan aufgehoben, seitdem gilt in der Gemeinde das Baurecht mit einer Drei-Meter-Abstands-Regel zu angrenzenden Grundstücken. Damit ist das Haus der Kreilingers ein sogenanntes aliud – ein Schwarzbau.

Abrissbirne in Ruheposition

Die Gemeinde musste also nach geltendem Recht einen Abriss bescheid ausstellen. Anton Kreilinger bekämpfte diesen durch alle Instanzen, aber auch der OGH machte die Entscheidung nicht rückgängig. Der Abrissbescheid ist damit rechtsgültig.

Und doch scheint jetzt ein Weg zurück zum Kommunalfrieden gefunden. Mit 3. Jänner wurde eine Baubewilligung rechtskräftig, die dem Ehepaar den Rückbau laut Bauordnung ermöglicht. Und vonseiten der Bezirkshauptmannschaft wurde das Vollstreckungsverfahren ausgesetzt. "Niemand sagt, dass das betroffene Ehepaar das Haus wegreißen muss. Wir wollen einen praktikablen, gangbaren Weg. Im Klartext heißt das, Dachstuhl absenken auf drei Meter Traufenhöhe und die Garage zurücksetzen", erläutert Bezirkshauptmann Georg Wojak.

Gebunden ist der Aufschub aber an einen Vierstufenplan: Angebotseinholung bis 15. März 2019, verbindliche Auftragsver gabe bis 31. März, Baubeginn bis 30. Juni, Bauvollendung bis 15. September. Doch der Zeitplan schmeckt Anton Kreilinger nicht: "Ein Fristbeginn und ein Ende sind klar. Aber ich lass mir nicht vorschreiben, wann ich die Handwerker beauftragen muss."

Man darf also gespannt sein, ob im Herbst das Kriegsbeil begraben wird. Natürlich in einem Drei-Meter-Abstand zum Nachbargrund. (Markus Rohrhofer, 1.2.2018)