Ein Buntbarschmännchen bewacht seine Brut. Möglicherweise sind nicht alle diese Jungfische von ihm.

Foto: Aneesh Bose

Graz – Für gewöhnlich gilt in der Tierwelt strenges Konkurrenzdenken, wenn es um die Fortpflanzung geht. Männchen, die darauf bedacht sind, ihre Gene an die Nachkommen weiterzugeben, lassen daher nur selten Nebenbuhler zu, und schon gar nicht ins eigene Nest. Doch Biologen haben bisweilen auch Ausnahmen dieser Regel beobachten können. Ein Beispiel dafür sind Buntbarsche, die es oft gar nicht schaffen, die vielen Gegenspieler abzuwehren – unter bestimmten Umständen werden´die Mitbewerber sogar als Bereicherung betrachtet. Einen Teil dieses Rätsels haben nun von der Universität Graz gelöst.

Wenn ein "monogam" lebendes Buntbarsch-Weibchen mit der Eiablage beginnt, klebt es im Regelfall mehr als hundert gut geschützt in Felsritzen und hinter Vorsprünge. Neben seinem erwählten Männchen lauern aber schon zehn und mehr fortpflanzungswillige Singles auf ihre Chance, ebenfalls Spermienflüssigkeit "anzubringen". "Der Partner ist also großer Konkurrenz ausgesetzt und hat gar keine Chance, alle Nebenbuhler abzuwehren", schilderte Kristina Sefc, die mit ihrem Team am Institut für Biologie der Universität Graz dazu forscht.

Familiensache

Durch aufwändige genetische Untersuchungen an der Buntbarschspezies Variabilichromis moorii im ostafrikanischen Tanganjikasee wurde herausgefunden, dass die fremden Väter im Schnitt näher mit den "gehörnten" Nestbesitzer verwandt sind, als man es bei zufälligen Zusammentreffen erwarten würde. "Die Devise lautet also offensichtlich: 'Hauptsache, es bleibt in der Familie'", fasste die Biologin zusammen. Wenn das Männchen schon auf ausschließlich eigene Nachkommen verzichten muss, stellt es so zumindest sicher, dass ein Teil seiner Gene dennoch weitergegeben wird.

Aus evolutionsbiologischer Sicht wäre es für die sogenannten "Cuckolders", also der alleinstehenden Eindringlinge, aus demselben Grund allerdings sinnvoller, in völlig fremden Nestern Eier zu befruchten, denn auch für sie ist der Nachwuchs von Verwandten ein Gewinn. "Angesichts der großen Zahl an Nebenbuhlern kann es aber auch für sie ein Vorteil sein, sich innerhalb der Familie zu konkurrenzieren, wo sie mit weniger Aggression seitens der Nestbesitzer rechnen können", folgerte Sefc.

Vorteilhafte Allianz

Wie das Forschungsteam aus Modellrechnungen und Beobachtungen rückschließen konnte, scheinen die verwandten Männchen eine für beide vorteilhafte Allianz einzugehen. "Damit werfen wir ein ganz neues Licht auf das Phänomen 'Cuckoldry' und seine Folgen für die beteiligten Akteure", betonte die Wissenschafterin.

Analysiert wurden über hundert Buntbarsch-Nester, dazu wurden die Verwandtschaftsverhältnisse der Nachkommen verglichen: Liierte Barschmännchen gehen so gut wie nie fremd und haben pro Kopf dennoch wesentlich größere Zeugungserfolge als Singles. Die "Cuckolders" konzentrieren sich nämlich im Regelfall auf ein einziges Nest und können dort gemeinsam nur etwa die Hälfte der Brut befruchten, wie die Forscher im Fachjournal "BMC Biology" schreiben. "Unsere Untersuchung hilft uns weiter, die Reproduktionsstrategien von Tieren besser zu verstehen. Es wäre hoch interessant herauszufinden, welche anderen Arten ebenfalls verwandte Nebenbuhler akzeptieren", sagte Sefc. (red, APA, 4.2.2019)