In der Lehrlingsausbildung bewegt sich vieles in eine gute Richtung, und es sieht ganz danach aus, als wäre eine Trendwende in Sicht. Objektiv betrachtet muss man auch feststellen, dass die gar nicht mehr so neue Regierung gute Impulse setzt. Dabei geht es mir nicht um die fast schon inflationäre Digitalisierung von gefühlt allen Lehrberufen, sondern vielmehr um Anreize für Betriebe, um die so oft genannte fehlende Qualifizierung von Bewerbern nachzuholen. Auch das Ziel von Bundesministerin Margarete Schramböck, mehr Betriebe dafür zu gewinnen, wieder oder erstmals auszubilden, geht in die richtige Richtung, ebenso wie ihr Bemühen um einen anderen Begriff für die Lehrlingsentschädigung – Lehrentgelt. Wenn wir jetzt noch gemeinsam das umsetzen, was wir uns schon öfter vorgenommen haben, dann bin ich von einer positiven Entwicklung überzeugt.

Eines, was ich mir im neuen Jahr wünsche, ist der Blick auf die Menschen. Bei allen Diskussionen um die Digitalisierung dürfen wir nicht vergessen, dass hinter jeder Bewerbung ein Mensch steht. Mit seiner ganz individuellen Geschichte, seinen persönlichen Schwächen aber auch ganz vielen Stärken. Besonders jungen Menschen sind diese Stärken oft nicht bewusst, vor allem wenn die Schulerfolge vor der Bewerbung um eine Lehrstelle nicht gerade überragend waren.

Fixierung auf Noten

Natürlich sind Zeugnisnoten ein Anhaltspunkt, mehr aber meiner Meinung nach auch schon nicht. Ich erlebe gerade selbst, wie leicht es sein kann, dass bei einem durchschnittlich intelligenten jungen Menschen die Noten, bedingt durch die Pubertät und durch Lehrerwechsel, deutlich nachlassen können. Automatische Systeme können nicht bewerten, wie Noten zustande kommen, daher braucht es ein persönliches Bild. Auch dafür gibt es bereits elektronische Lösungen, nutzen wir diese, und vertrauen wir auf unsere Erfahrungen bei der Auswahl junger Menschen.

DER STANDARD befragt regelmäßig Lehrlinge zu ihrer Ausbildung. Hier wurde Hufschmied René Kyselka befragt.
DER STANDARD/ayham yossef, lisa breit

Ich habe auf meiner eigenen Wunschliste für das neue Jahr auch stehen, dass wir uns nicht nur über Defizite und all das unterhalten, was nicht optimal läuft. Die Ausgangspunkte haben wir in den letzten Jahren so oft diskutiert, dass wir wohl alle wissen, wo das Schulsystem, die Jugendlichen oder der Arbeitsmarkt stehen. Was ich mir stattdessen wünsche, ist das gemeinsame Aufzeigen von Dingen, die funktionieren. Selbst der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat im Ö1-Radiomagazin Eco Ende Dezember genau darauf hingewiesen. Nicht im religiösen Kontext, sondern als seine Sicht auf die Wirtschaft und einen Ansatz für die Lösung aktueller und kommender Herausforderungen. Ich bin überzeugt, dass wir in der Lehrlingsausbildung ganz viele positive Beispiele haben, die Eltern und Jugendlichen kaum bewusst sind. Wenn wir zeigen, was wir täglich für jene Jugendliche tun, die bei uns in den Berufsalltag einsteigen, brauchen wir keine Imagekampagnen.

Daran schließt sich mein nächster Wunsch an, nämlich ein reales Bild des beruflichen Alltags zu vermitteln. In meinem Bekanntenkreis erlebe ich immer wieder, welche Bilder vom Berufseinstieg Eltern mitbringen. Die Frage einer mit beiden Beinen im Berufsleben stehenden Mutter beim Hinweis auf eine Lehrstelle bei der A1 Telekom soll dabei als Beispiel dienen. "Aber muss dann unser Sohn sein ganzes Leben lang Modems tauschen, wenn er nur eine Lehre gemacht hat?" Das zeigt, welche Annahmen mit einer Lehre verbunden sind.

Die Bilder der Eltern

Das liegt aber nicht an dieser Mutter, sondern daran, dass wir im Konzert der Bildungskommunikation zu wenig gehört werden. Schulen und Universitäten sind hier im Vorteil, denn einerseits bieten sie ein "Produkt" an, das die "Bewerberkunden" bestens kennen. Und andererseits wirbt jede mittelmäßige Schule mit ihren Alumnis und tollen Jobaussichten. Etwas, was wir als Unternehmen kaum oder eben nicht hörbar genug erzählen. Daher wünsche ich mir eine konzertierte und abgestimmte Kommunikation dessen, was nach einer Lehre passiert.

Mein größter Wunsch überhaupt ist aber, dass wir endlich damit aufhören, die Lehre als solche gesondert zu platzieren. Die Lehre muss als ein gleichberechtigter Einstieg ins Berufsleben verstanden werden. Erst wenn wir verstehen, dass wir alle möglichen Einstiege in unsere Berufe gleichwertig und gemeinsam kommunizieren müssen, werden wir die Aufmerksamkeit aller Jugendlichen und Eltern erreichen. Dann ist es nämlich nicht mehr möglich, schon beim Wort Lehre wegzusehen und so gar nicht wahrzunehmen, was Betriebe anbieten.

Immer mit dabei, nicht extra

Dieser Wunsch gilt in ganz großem Maße auch für die Vorstände und Personalmanager. Wenn große Ausbildungsbetriebe auch in diesem Medium Sonderbeilagen schalten, in denen ihre eigene Lehrlingsausbildung gar nicht vorkommt, dann dürfen wir uns über mangelnde Aufmerksamkeit nicht wirklich wundern. Wenn Vorstände verstehen, dass gut ausgebildete Facharbeiter die wichtigste Grundlage darstellen, um überhaupt irgendetwas machen zu können, sei es digital oder analog, dann wird der Fokus im Unternehmen entsprechend gelegt.

Die Ausbildung junger Menschen ist natürlich herausfordernd und schwierig. Aber wie es eine Ausbilderin einmal gesagt hat: Es ist trotzdem der schönste Job der Welt. Machen wir gemeinsam die Lebenswelt unserer Jugend ein wenig besser, dann werden wir auch die Entwicklung unserer Unternehmen positiv gestalten. (Robert Frasch, 8.2.2019)