Villigen – Röntgenmikroskope sind bereits seit einigen Jahrzehnten in Einsatz. Dieses mikroskopische Verfahren verschafft Forschern Einblick in Nanometer-kleine Strukturen von Computerchips bis zu lebenden Geweben. Ein Forschungsteam des Paul Scherrer Instituts in der Schweiz hat nun eine Methode vorgestellt, die Auflösung dieser Mikroskopiebilder noch deutlich zu erhöhen.

Ein Röntgenmikroskop funktioniert im Prinzip wie ein normales Mikroskop: Licht fällt auf das zu studierende Objekt und wird von diesem gestreut, eine Linse sammelt das gestreute Licht und erzeugt ein vergrößertes Bild auf der Kamera. Winzig kleine Strukturen streuen das Licht aber in sehr großen Winkeln. Um sie im Bild aufzulösen, braucht man entsprechend große Linsen. Das Dilemma: Große Linsen sind für den Röntgenbereich sehr ineffizient – kleine Linsen sind effizient, fangen aber nur kleine Streuwinkel ein.

Ein Dilemma weniger

Forscher des Paul Scherrer Instituts (PSI) haben eine Methode entwickelt, die dieses Problem löst. Das Verfahren beruht darauf, eine kleine, effiziente Linse immer wieder zu verschieben und an jedem Punkt ein Bild aufzunehmen. Dabei wird der Bereich einer ideal großen Linse abgedeckt. "Dann verwenden wir Computeralgorithmen, um alle Bilder zu verbinden und so eine hochaufgelöste Aufnahme zu erzeugen", erklärte Klaus Wakonig vom PSI.

Das Verfahren selbst ist nicht neu: Die sogenannte Fourier-Ptychografie wird seit 2013 für hochauflösende Mikroskopie im sichtbaren Wellenlängenbereich verwendet. Das PSI-Team konnte dieses Prinzip nun jedoch erstmals auch auf den Röntgenbereich anwenden. Davon berichten sie im Fachblatt "Science Advances".

"Virtuelle Linse" bietet mehrere Vorteile

Die Methode eignet sich unter anderem für biologische Proben, also Zellen und Gewebe, beispielsweise um neue Erkenntnisse über Krankheiten zu gewinnen. Denn die "virtuelle Linse" liefert nicht nur hochaufgelöste Bilder, sondern auch zwei sich ergänzende Bildinformationen. Zum einen, wie viel Licht vom Objekt absorbiert wird, zum anderen, wie es das Licht ablenkt. Letzteres wird als Phasenkontrast bezeichnet.

Zellen und Gewebe haben in der Regel keinen guten Absorptionskontrast. Der Phasenkontrast macht daher viele biologische Strukturen überhaupt erst sichtbar unter dem Mikroskop. Normalerweise sei der Phasenkontrast nur schwer zu erhalten, sagte Studienautorin Ana Diaz. Die neue Methode liefere ihn praktisch gratis mit. Die Bildqualität sei dadurch viel besser.

Geringere Strahlendosen

Weil das neue Verfahren effizienter ist als die normale Röntgenmikroskopie, braucht es eine geringere Strahlendosis. Momentan sind noch Großforschungsanlagen wie die Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI nötig, um das Verfahren einzusetzen. Dort haben die Wissenschafter eine Demonstrationsanlage aufgebaut. Denn damit die neue Methode funktioniert, müssen die Röntgenstrahlen sich in einer Art Gleichklang befinden, also "kohärent" sein. Das Team um Wakonig untersucht jedoch, ob sich das Verfahren auch mit weniger Kohärenz und einer herkömmlichen Laborquelle für Röntgenstrahlung verwirklichen ließe. Dies würde viele weitere Anwendungsbereiche erschließen, schrieb das PSI. (APA, red, 3.2.2019)