Paris – Im Grunde sei er selbst eine Gelbweste: Mit dieser überraschenden Aussage hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Spott und Häme von Anhängern der Protestbewegung auf sich gezogen. "Wenn eine Gelbweste jemand ist, der für eine bessere Bezahlung der Arbeit eintritt und für eine bessere Funktionsweise des Parlaments, dann bin ich auch eine Gelbweste", sagte Macron gegenüber mehreren Medien.

In den sozialen Netzwerken ergoss sich daraufhin Spott über den 41-Jährigen, Macrons Worte wurden als "neue Provokation" bezeichnet. Viele kündigten an, am Samstag erneut gegen den Präsidenten auf die Straße zu gehen.

Will Worte sorgfältiger wählen

In dem Interview unter anderem mit dem Nachrichtensender BFM-TV und der Zeitung "Le Figaro" vom Donnerstagabend zog Macron auch Umfragen in Zweifel, wonach mehr als 50 Prozent der Franzosen die Sozialbewegung unterstützen, die seit zweieinhalb Monaten gegen ihn demonstriert.

Zugleich betonte er, er habe aus den Protesten gelernt. Angesichts der Empörung über viele seiner als arrogant empfundenen Äußerungen werde er seine Worte künftig sorgfältiger wählen.

Polizei darf Gummigeschoße einsetzen

Die französische Polizei darf weiter umstrittene Gummigeschosse gegen Gelbwesten einsetzen: Der Pariser Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht erklärte am Freitag, das Gewaltrisiko bei den Protesten mache den Einsatz der Hartgummi-Munition notwendig. Der Staatsrat gab damit der Regierung recht. Die Gummigeschoße sind wegen der schweren Verletzungen bei Demonstranten in Verruf geraten.

Die hohe Gewaltbereitschaft der Demonstranten mache es "notwendig, den Sicherheitskräften den Einsatz der Waffen zu erlauben", erklärte der Staatsrat. Er wies damit eine Beschwerde der Menschenrechtsliga LDH und der Gewerkschaft CGT ab. Sie hatten die Waffen als "gefährlich" bezeichnet. In Deutschland werden Gummigeschoße wegen des Verletzungsrisikos selten eingesetzt.

Nach Angaben des französischen Innenministeriums feuerte die Polizei seit Beginn der Gelbwesten-Proteste mehr als 9.200 Gummigeschoße gegen Demonstranten ab. Kritiker werfen den Beamten vor, auf die Köpfe von Demonstranten zu zielen, obwohl dies den Vorschriften widerspricht. Sie veröffentlichten in den sozialen Netzwerken zahlreiche Bilder von Demonstranten mit schweren Verletzungen am Auge oder Platzwunden am Kopf.

Für besonderes Aufsehen sorgt der Fall des Gelbwesten-Aktivisten Jerome Rodrigues: Er wurde bei der Pariser Kundgebung vergangene Woche schwer am rechten Auge verletzt und führt dies auf den Einsatz von Gummigeschoßen zurück. Das Innenministerium bestreitet diese Darstellung, obwohl Videoaufnahmen die Angaben Rodrigues' zu stützen scheinen. (APA, 1.2.2019)