Unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis wächst ein riesiges Loch.
Foto: NASA/OIB/Jeremy Harbeck

Pasadena – Der Eisverlust der antarktischen Gletscher hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verstärkt, wie eine Studie erst vor kurzem nachweisen konnte. Während in den 1980er-Jahren das Eis am Südpol um rund 40 Gigatonnen pro Jahr schrumpfte, waren es in den 2010er-Jahren bereits 250 Gigatonnen, der Großteil dieser jüngsten Verluste fanden in der Westantarktis statt.

Mittlerweile weiß man, dass der Eispanzer nicht nur an der Oberseite und seinen Rändern taut, auch an der Unterseite entstehen regelrechte Löcher. Einen solchen gigantischen Hohlraum haben nun US-Wissenschafter entdeckt – und er scheint mit Rekordgeschwindigkeit weiterzuwachen.

Wie die Forscher um Pietro Milillo des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-Raumfahrtbehörde Nasa nun im Fachmagazin "Science Advances" berichten, ist die freigeschmolzene Höhle rund zehn Kilometer lang, vier Kilometer breit und annähernd 300 Meter hoch. Damit erreicht sie flächenmäßig gut zwei Drittel der Ausmaße von Manhattan.

Rasch geschmolzenes Eis

Der größte Teil des Eises sei in äußerst kurzer Zeit, nämlich innerhalb der letzten drei Jahren, geschmolzen, vermutlich unter anderem durch eindringendes Meerwasser. Diese enorme Geschwindigkeit überraschte die Wissenschafter. Nun müsse erforscht werden, wie der Schmelzvorgang den Meeresspiegel beeinflusse. Der Hohlraum, der einmal 14 Milliarden Tonnen Eis gefasst hat, befindet sich unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis. Das Gestein unter dem Gletscher liegt hier deutlich tiefer als der Meeresspiegel.

Der Hohlraum unter dem Eis wuchs vor allem in den vergangenen drei Jahren zu seiner heutigen Größe heran.
Illustr.: Pietro Milillo et. al.

"Wir haben jahrelang vermutet, dass Thwaites nicht fest mit dem Untergrund verbunden ist", sagt Ko-Autor Eric Rignot. Mit neuen Satelliten sei es nun erstmals möglich gewesen, die Veränderung des Gletschers und das Ausmaß des Hohlraums tatsächlich auch im Detail zu vermessen. Seit 2010 beobachten Nasa-Satelliten den Gletscher mit hochauflösendem Radar.

Meeresspiegelanstieg nimmt zu

"Die Größe der Höhle unter dem Gletscher spielt eine wichtige Rolle beim Schmelzvorgang", sagt Milillo. "Wenn mehr Wärme und Wasser unter den Gletscher gelangen, schmilzt er schneller." Der gesamte Thwaites-Gletscher ist etwa so groß wie der US-Bundesstaat Florida. Die bisherigen Eisverluste sind für vier Prozent des Anstiegs des Meeresspiegels verantwortlich. Künftig könnten es aber durch die veränderten Bedingungen noch bedeutend mehr werden.

Würde der gesamte Gletscher wegschmelzen, könnten die Weltmeere um etwa 65 Zentimeter ansteigen, befürchten die Experten von der Nasa. "Zu verstehen, wie das Meer diesen Gletscher schmilzt, ist unerlässlich um zu berechnen, welchen Einfluss das auf den Meeresanstieg in den kommenden Jahrzehnten hat", sagt Rignot. (red, APA, 1.2.2019)