Die Australierin und ich haben die vergangene Woche in einem Zitrushain hoch über der Bucht von Neapel verbracht. In dem Garten wachsen drei verschiedene Orangenbäume, ein Pomelo-Strauch, zwei Mandarinen und ein Zitronenbaum – und bis auf eine der Mandarinen hängen sie alle voller reifer Früchte. Um diesen Überfluss zu feiern, haben wir eines Mittags drei verschiedene Versionen von Pasta al Limone ausprobiert.

Foto: Tobias Müller

Pasta al Limone ist ein großes Gericht: Mit ein paar Handgriffen und Zutaten wird dabei die Säure der Frucht gezähmt, ohne ihren Geschmack einzuengen. Es macht den umwerfenden Duft, der aufsteigt, wenn man eine ganz frische Zitrone mit den Fingernägeln reibt, schmeckbar, es vermählt Zitronenaroma mit sämig-cremiger Sauce, die Frische der Zitrus mit dem tiefen Umami von reifem Käse und geschmolzener Butter.

Die Zubereitung ist denkbar einfach, das ganze Gericht dauert nicht länger, als es braucht, Pastawasser zum Kochen zu bringen und die Nudeln zu garen. Weil Pasta al Limone mit frischer Eierpasta am besten ist, können das weniger als zwölf Minuten sein. Wer auf getrocknete Hartweizennudeln setzt, braucht allerhöchstens 25.

Pasta al Limone soll angeblich aus Kampanien stammen, von der Sorrento-Halbinsel, die sich südlich von Neapel ins Meer streckt. Die Gegend, vor allem die kleine Küstenstadt Amalfi, ist für ihre Zitronen berühmt – ein bisserl mehr dazu steht hier.

Foto: Tobias Müller

Es gibt zwei große Pasta-al-Limone-Schulen: jene, die die Sauce ganz puristisch nur aus Butter, Parmesan und Pastakochwasser zubereitet, und jene, die noch einen Schuss Obers dazukippt. Bei einer kurzen Google-Suche bin ich dann noch auf einen Ausreißer gestoßen, der mir probierenswert erschienen ist: Hans Gerlachs Rezept, das statt auf Obers auf Ei setzt und so eine Art Zitronencarbonara daraus macht.

Gerlachs Rezept ist relativ kompliziert, er verwendet eingekochte Suppe (!). Ich habe dafür bei einem ersten Testlauf kleine Schollen mit etwas Weißwein, Sellerie, Karotten und Paradeisern pochiert und die Kochflüssigkeit für die Sauce genommen. Den Fisch habe ich ausgelöst und auf die Pasta gelegt. Es war ganz köstlich, aber meiner Meinung nach für etwas so Simples wie Pasta al Limone zu kompliziert – sowohl vom Geschmack als auch von der Zubereitung her. Für unseren vergleichenden Drei-Pasta-Test habe ich daher den Firlefanz gelassen und mir nur die Ei-Idee von Gerlach geborgt.

Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Für unsere Saucen sind wir immer gleich vorgegangen: Wir haben ein wenig Knoblauch, Chili und Zitronenzeste in ordentlich Butter angebraten und die Sauce dann mit Käse, Pastawasser und Zitronensaft gebunden. Einmal haben wir nach dem Braten Obers dazugegossen, einmal am Ende, beim Durchrühren, ein rohes Ei mit dem Parmesan dazugemischt.

Unser einstimmiger Sieger: die Obersvariante. Das zusätzliche Fett scheint den Zitrusgeschmack noch zu verstärken, die Sauce wird außerdem besonders cremig. Der Zitronengeschmack schien uns in der Version fast ein wenig auf der Zunge zu prickeln, wie in einer Limonade. Die puristische Variante war für die Australierin Nummer zwei: etwas weniger cremig, etwas weniger aromatisch, aber dafür am klarsten, saubersten im Geschmack. Ich wiederum konnte mich mit dem Ei ganz gut anfreunden: Es lässt meiner Meinung nach die Säure der Zitrone am deutlichsten durchkommen und gibt der Pasta eine extraschöne gelbe Farbe. Die Australierin hingegen hat die Ei-Zitronen-Mischung zu sehr an Kuchen erinnert.

Pasta al Limone mit Obers (für zwei Personen)

Es braucht nicht viele Zutaten für Pasta al Limone, die wenigen sollten daher tadellos sein – vor allem die Pasta und die, nun ja, Zitrone. Bei der Pasta schwört der werte Kollege Corti auf frische Eierpasta, ich bin aber auch mit guten getrockneten Linguine oder Spaghetti sehr zufrieden gewesen. Wer keinen Zitronenbaum in seinem Garten hat: Hier (casacaria.com) und hier (crupi.at) gibt's in Wien sehr gute Ware. Nicht sehr italienisch, aber einen Versuch wert wäre die Pasta bestimmt auch mit Meyer-Zitronen. Denn's hat immer wieder einmal welche im Angebot.

250 Gramm Pasta, am besten Linguine oder Spaghetti

60 Gramm Butter

60 ml Obers

1 getrocknete Chili nach Geschmack

1/2 Knoblauchzehe

1 Handvoll frisch geriebener Parmesan

Zeste und Saft einer sehr guten halben Zitrone

Die Pasta in möglichst wenig Wasser garen – es sollte gerade genug sein, um die Pasta zu bedecken. Je weniger Wasser, desto stärkehaltiger wird es sein, und desto besser bindet es nachher die Sauce. Ach ja, kochen tut es auch schneller. Rühren Sie nur ein paar Mal um, damit es auch ja nicht klebt.

Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Währenddessen die Butter schmelzen, den Knoblauch und Chili hacken und die Zitronenschale mit einer guten Reibe abreiben. Wenn die Butter schäumt, Knoblauch, Chili und Zitrone kurz darin braten, bis alles herrlich duftet, etwa eine Minute.

Foto: Tobias Müller

Das Obers zugießen, gut durchrühren, kurz aufkochen lassen und dann von der Hitze nehmen.

Die Pasta abgießen und eine Tasse Pastawasser aufheben. Die Nudeln in den Topf zur Sauce geben, Käse, die halbe Tasse Pastawasser und den Zitronensaft zugießen und über niedriger Hitze rühren, bis sich eine sämige Sauce bildet. Wenn es zu trocken ist, noch etwas Pastawasser zugießen.

In vorgewärmten Tellern sofort servieren.

Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Wir haben einen italienischen Landwein dazu getrunken, in dem kleinen Weinladen aus dem Stahltank direkt in eine mitgebrachte Flasche gezapft, für drei Euro den Liter. Er war der perfekte Begleiter. Ein handelsüblicher Zierfandler oder Rotgipfler tut's aber wahrscheinlich auch. (Tobias Müller, 3.2.2019)


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