Deakzession nennt man das Aussondern von Objekten aus dem Sammlungsbestand eines Museums. Ein Vorgang, der laut Bundesdenkmalamt (BDA) für Bundesbesitz in Österreich auf der Tagesordnung steht. Die Gründe sind vielfältig, zumeist betrifft es Dubletten. Jedenfalls bedarf es einer Reihe von Bewilligungen: etwa vom BDA, dem Bundeskanzleramt oder dem Finanzministerium. Ein Geschäft, das hinter den Kulissen stattfindet, da sich dazu selbst im jährlichen Kunst- und Kulturbericht keine Angaben finden.
Das BDA schätzt den jährlichen Umfang auf zehn bis 15 solcher Geschäftsvorgänge. Auskünfte erteilt man "aufgrund der Amtsverschwiegenheit" nicht. Eine aktuelle STANDARD-Anfrage betraf etwa ein Tauschgeschäft des Technischen Museums Wien (TMW), zu dem sich jüngst Hinweise in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage an Kunst- und Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) fanden.
Konkret hatte sich Wolfgang Zinggl, Klubchef der Liste Jetzt, für ein 2003 "erworbenes Auto (Austro-Daimler ADR)" interessiert, das sich 2012 als Restitutionsfall entpuppte. Es war im Sommer 1938 im Auftrag der Gestapo vom Dorotheum versteigert worden, wie man über die Motornummer herausfand. Der ursprüngliche Eigentümer konnte bislang nicht ermittelt werden.
Kein Bundeseigentum, eine Leihgabe
Im Tausch gegen dieses gefällige Cabriolet (BJ 1930) gab man ein Lohner-Porsche-Mixte-Chassis (BJ 1901/02) ab. Das sei, im Gegensatz zum Austro-Daimler, eine absolute Rarität gewesen, betont Karl Eder. Für den erfahrener Oldtimer-Sachverständigen ist dieser Tausch, an musealen Kriterien orientiert, rückblickend nicht nachvollziehbar. Der aufwendig restaurierte Lohner-Porsche Mixte gehört nun zu den Highlights des von Ernst Piëch betriebenen 2013 in Mattsee eröffneten Oldtimer-Museums fahr(T)raum. Der Haken: Es war kein Bundeseigentum, sondern eine Leihgabe, wie das Technische Museum nach einigem Hin und Her jetzt bestätigt. 1915 war das Chassis über Austro-Daimler in den Bestand gelangt. Rechtlich wähnt man sich auf der sicheren Seite, da ein Rückgabeanspruch längst verjährt sei.
Es war nicht das einzige Tauschgeschäft in der Ära der seit bald 20 Jahren amtierenden Direktorin Gabriele Zuna-Kratky. Ein kurioser Fall wurde 2014 bekannt. Stolz hatten Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche und Vorstandschef Michael Müller die vermeintlich allererste Porsche-Konstruktion im Firmenmuseum in Stuttgart enthüllt. Das Gefährt sei im Sommer 2013 in einem Stadel in Österreich aufgefunden worden.
Legende schnell entlarvt
Eine Legende, die schnell entlarvt wurde. Denn das vermeintlich einst von Ferdinand Porsche eingeschlagene Kürzel "P1" stellte sich schnell als Manipulation heraus. Als Karl Eder das Chassis 2009 im Auftrag des TMW begutachtete (Schätzwert 32.000 bis 35.000 Euro), war diese Markierung noch nicht vorhanden, wie Fotos belegen. Dem Vernehmen nach soll Porsche um die 90.000 Euro gezahlt haben.
Das Egger-Lohner-Phaeton-Chassis war jedenfalls gegen drei Autos und einen Motor eingetauscht worden. Laut Museum sei die Sammlung damit aufgewertet worden. Wer die einstigen Tauschpartner waren, will das TMW aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht offenbaren. Nur so viel: Es seien Privatpersonen gewesen. Ein etwaiges Naheverhältnis zum Museum oder einem seiner Mitarbeiter sei nicht bekannt.
Verdacht des Ersatzteillagers
Zinggl hat da so seine Zweifel. Er hegt den Verdacht, dass die TMW-Depots Bastlern und Oldtimerfreaks gelegentlich als Ersatzteillager dienten. Auf Anfrage teilt die Direktion mit, dass Deakzessionen regelmäßig stattfänden: ein- bis zweimal jährlich, nach der Depotinventur und strengen Regeln in Absprache mit dem BDA. (Olga Kronsteiner, 3.2.2019)