Vor Semesterferienbeginn kostet ein Liter Diesel rund einen Cent mehr als Benzin.

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Jahrelang konnten Konsumenten in Österreich darauf vertrauen, mit einem Diesel billiger zu fahren als mit einem Benziner. In der Anschaffung war der Diesel-Pkw zwar um ein paar Tausender teurer als ein vergleichbarer Wagen mit Ottomotor, doch die Ersparnis beim Tanken gepaart mit der Langlebigkeit der Motoren führte dazu, dass fast sechs von zehn Österreichern sich einen Diesel anschafften. Seit dem Vorjahr ist einiges anders.

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen von VW und anderen Herstellern hat erstmals kräftige Spuren in der Statistik hinterlassen; der Verkauf von Direkteinspritzern ging 2018 um ein Fünftel zurück. Und noch etwas hat sich verändert: Seit Dezember ist Dieseltreibstoff teurer als Benzin. Zuletzt gab es das im November 2012.

Man könnte den Eindruck haben, das Dieselprivileg sei gefallen, ganz heimlich, über Nacht. Dem ist natürlich nicht so. Diesel wird in Österreich nach wie vor um 8,5 Cent je Liter weniger besteuert als Benzin. Inklusive Umsatzsteuer, die auf den Nettopreis und die Mineralölsteuer noch aufgeschlagen wird, macht die steuerliche Besserstellung des Diesels 10,2 Cent je Liter aus.

Dieselnachfrage steigt global

Warum Diesel Benzin preislich überholt hat, erklärt OMV-Vorstandsdirektor Manfred Leitner mit globalen und regionalen Ereignissen. Weltweit sei zu beobachten, dass die Nachfrage nach Diesel stark zunehme – getrieben insbesondere vom Schwerverkehr und dieser wiederum von der Konjunktur. Je besser die Wirtschaft läuft, desto mehr Güter werden nachgefragt. Das wiederum heißt mehr Lkws und mehr Diesel.

Die Benzinnachfrage hingegen gehe sowohl in Asien als auch in Europa zurück, in den USA stagniere sie. Weil man in der Raffinerie nicht nur Diesel oder nur Benzin herstellen könne, sondern nur beides zusammen, gebe es nun einen Überschuss an Benzin am Markt und einen Preisdruck bei selbigem. Relativ betrachtet sei nicht der Diesel teurer geworden, Benzin habe sich verbilligt, sagte Leitner, der in der OMV u. a. für Raffinerien und Tankstellen zuständig ist, dem STANDARD.

Preise werden nicht nur in Österreich gemacht

Treibstoffe seien ein globales Produkt, die Preise würden nicht nur in Österreich gemacht, auch nicht nur in Westeuropa, weil Westeuropa wiederum beeinflusst werde von Vorgängen in den USA, Asien und sogar Afrika, so Leitner.

Regionale Ereignisse wie die Trockenheit im vorigen Sommer und das Niedrigwasser, das bis weit in den Herbst hinein zu beobachten war, hätten zudem zu Engpässen geführt und die Transportkosten erhöht. Schiffe konnten zum Teil nur halb beladen Rohöl von Rotterdam über die Rheinschiene zu den Raffinerien im Binnenland bringen. Eine im September erfolgte Explosion in der Raffinerie von Bayernoil in Vohburg habe grenzüberschreitend einen zusätzlichen Preisschub ausgelöst. Die Raffinerie wird noch längere Zeit ausfallen.

Martin Grasslober, Leiter Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC, fordert dennoch mehr Transparenz. "Es wäre interessant zu wissen, wie sich die Spritpreise wirklich zusammensetzen und wer an den Fertigproduktenbörsen den Takt angibt," sagte Grasslober.

Im Gegensatz zu anderen Jahren sei heuer vor Beginn der Semesterferien kein besonderer Preisschub an den Zapfsäulen zu beobachten. Seit Anfang November bis Ende Dezember 2018 sind die Treibstoffpreise in Österreich laut Grasslober im Schnitt um 16 Cent je Liter gesunken. Seit Beginn des neuen Jahres habe sich vergleichsweise wenig getan, Diesel habe sich wieder um gut einen Cent verteuert, der Preis von Superbenzin sei stabil geblieben, auch in dieser Woche.

Ost-West-Gefälle

Verglichen mit Zeiten, in denen der Rohölpreis ähnlich hoch war wie jetzt, müsste Diesel um gut drei Cent billiger sein, sagte Grasslober. Er rät Autofahrern, die im Osten Österreichs leben und Richtung Westen auf Skiurlaub fahren, wenn möglich zu Hause zu tanken. Tirol und Vorarlberg seien die teuersten Bundesländer, was das Tanken betrifft.

Bei den billigsten Tankstellen gibt es zwischen Wien und Vorarlberg bei Diesel eine Differenz von 6,4 Cent je Liter, 5,6 Cent sind es zwischen Wien und Tirol. Bei Superbenzin beträgt die Differenz zwischen dem billigsten Angebot in Wien und dem billigsten in Vorarlberg 9,4 Cent, 5,5 Cent sind es zwischen Wien und Tirol.

Dieseltreibstoff war am Freitag im Schnitt um einen Cent teurer als Benzin. Sollte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Zuge der nächsten Steuerreform und der angekündigten Ökologisierung des Abgabensystems das Dieselprivileg streichen, wäre Diesel wohl auf Dauer deutlich teurer als Benzin. In Ländern wie Polen, Tschechien, Slowenien, insbesondere aber in der Schweiz und in Belgien ist dies schon lange so. (Günther Strobl, 2.2.2019)