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Guaidó glaubt an einen baldigen Machtwechsel in Venezuela.

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US-Vizepräsident Mike Pence forderte den Sturz Maduros.

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Caracas/Miami – Der unter starkem internationalem Druck stehende venezolanische Präsident Nicolás Maduro hat vorgezogene Wahlen angekündigt. Die nächsten Parlamentswahlen sollten noch 2019 abgehalten werden, sagte Maduro am Samstag vor Anhängern in der Hauptstadt Caracas, wo sich zehntausende Anhänger der sozialistischen Regierung versammelten. Ursprünglich waren die Wahlen für 2020 angesetzt.

In Kampf um die Macht in Venezuela zwischen Staatschef Nicolás Maduro und seinem jungen Herausforderer Juan Guaidó läuft am Wochenende ein Ultimatum von sieben EU-Staaten ab. Ruft Maduro keine freie und faire Präsidentenwahl aus, wollen Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, die Niederlande und Belgien seinen Rivalen Guaidó als legitimen Übergangsstaatschef anerkennen.

Mehr als hunderttausend Venezolaner haben Schätzungen zufolge hingegen in Caracas für den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó demonstriert. Der Machtwechsel stehe unmittelbar bevor, sagte der 35-jährige Anführer der Opposition bei einer Rede vor seinen Anhängern. "Wir schwören: Wir bleiben auf den Straßen, bis es Freiheit, eine Übergangsregierung und Neuwahlen gibt", sagte Guaidó unter dem Applaus der Menge.

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Schätzungen gehen von mehr als hunderttausend Unterstützern für Guaidó aus.
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Unterstützung durch General

Guaidó begrüßte auch die Unterstützung eines Luftwaffengenerals, der sich wenige Stunden zuvor von Maduro losgesagt und dem Kommando von Guaidó unterstellt hatte. "Alle Funktionäre (der Regierung Maduros), die die Verfassung anerkennen, sind willkommen", sagte Guaidó. Den Militärs sei eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau Venezuelas sicher. Überwiegend hält das Militär aber noch zu Maduro.

USA ruft Militär zur Unterstüzung Guaidós auf

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, hat daraufhin am Samstag das venezolanische Militär aufgerufen, sich vom umstrittenen Staatschef Nicolás Maduro loszusagen und den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó zu unterstützen. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump erklärte am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter, sein Land fordere alle Armeeangehörigen auf, dem Beispiel des venezolanischen Luftwaffengenerals Francisco Yánez zu folgen.

Die US-Regierung rufe alle venezolanischen Soldaten auf, "die friedlichen Demonstranten, die die Demokratie unterstützen, zu schützen", hieß es in Boltons Tweet weiter. Die Unterstützung der Armee ist entscheidend für Maduros Verbleib an der Macht. Maduro kündigte an, die Armee durch die Eingliederung zehntausender Milizionäre zu vergrößern. Dies sei nötig, weil die Regierung Trump und die Opposition in Venezuela einen "schauderhaften Plan" für einen "Staatsstreich" verfolgten.

Tausende kamen zu Maduros Gegendemo. Die überwältigende Mehrheit des Militärs steht nach wie vor hinter Maduro.
Foto: APA/AFP/YURI CORTEZ

An Trump gerichtet sagte Maduro, der US-Präsident lasse sich von seinem Umfeld über Venezuela täuschen. Bolton sowie Vizepräsident Mike Pence und US-Außenminister Mike Pompeo seien "drei Kriegsfalken, die besessen von Venezuela sind". Sein Land werde sich den Vereinigten Staaten aber nicht ergeben.

US-Vizepräsident Mike Pence hatte zuvor zu einem Machtwechsel aufgerufen. "Das ist keine Zeit des Dialogs, das ist die Zeit der Taten. Und die Zeit ist gekommen, Maduros Diktatur ein für alle Mal zu beenden", sagte Pence am Freitag in einer Rede vor Exilvenezolanern in Florida.

Humanitärer Notstand

Der Parlamentsvorsitzende Guaidó kündigte indes die Bildung einer internationalen Koalition an, um den humanitären Notstand in Venezuela mit Lebensmitteln und Medikamenten zu lindern. Hilfslieferungen würden schon bald eintreffen. "Wir befinden uns auf dem richtigen Weg, brauchen aber noch einen kleinen Anschub", sagte Vize-Parlamentschef Stalin González vor der Menschenmenge. Der Parlamentarier rief zu Einheit und Versöhnung auf. Freie Wahlen könnten aber nicht unter der Regie der gegenwärtigen Behörden stattfinden und müssten die Teilnahme aller Exil-Venezolaner erlauben.

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Maduro traf am Freitag den bolivianischen Präsidenten Evo Morales.
Foto: Reuters

Fehlen demokratischer Standards

Guaidó hatte sich am 23. Jänner zum Übergangsstaatschef erklärt und den Präsidenten damit offen herausgefordert. Guaidó argumentiert, Maduros Wiederwahl im vergangenen Jahr habe demokratischen Standards nicht genügt. Dieser Meinung sind auch europäische Regierungen.

International erhält Guaidó bereits viel Unterstützung. Die USA und eine Reihe lateinamerikanischer Länder erkannten ihn an. Guaidó versuchte zuletzt auch, die internationale Front der Maduro-Unterstützer aufzubrechen und Russland und China für sich zu gewinnen. Ihre Investitionen in dem südamerikanischen Krisenstaat seien unter seiner Regierung besser geschützt als unter der Maduros, sagte er.

Einen Vermittlungsversuch der bisher neutralen Länder Mexiko und Uruguay lehnte Guaidó ab. "Sich in diesem historischen Moment für neutral zu erklären bedeutet, sich auf die Seite des Regimes zu stellen, das Hunderttausende Menschen zu Elend, Hunger, Exil und Tod verdammt hat", schrieb er in einem Brief an die Präsidenten der beiden Länder.

35 Tote bei Protesten

Bei den jüngsten Massenprotesten sind nach Medienberichten bislang mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen und rund 850 festgenommen worden. Die Demonstrationen am Samstag sollten an verschiedenen Punkten in Caracas beginnen und zu einer gemeinsamen Kundgebung zusammenfinden. Auch in den USA, Spanien, Peru, Mexiko und Argentinien, wo viele Venezolaner wohnen, wurden Demonstrationen erwartet. In Spanien waren in mehr als einem Dutzend Städten Demonstrationen der venezolanischen Diaspora geplant. In Spanien leben etwa 400.000 Venezolaner.

Anhänger Maduros wollten am Samstag an den 20. Jahrestag des Amtsantritts von Maduros Mentor Hugo Chávez erinnern. Der Oberstleutnant Chávez, Anführer eines gescheiterten Putschversuches 1992, hatte Ende 1998 die Präsidentenwahl gewonnen. Als Staatschef machte er sich mit kubanischer Unterstützung daran, das erdölreiche Land im Sinne eines "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" umzubauen. Chávez starb 2013 an Krebs, Maduro wurde in umstrittenen Wahlen zu seinem Nachfolger gewählt.

ORF

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) deutete am Freitag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Bukarest an, dass Österreich bei einer Anerkennung Guaidós als Interimspräsident nicht vorpreschen werde. "Österreich und viele andere Länder anerkennen Staaten, nicht Regierungen", sagte Kneissl auf Fragen, wie Österreich reagieren werde, wenn Maduro bis zu diesem Sonntag keine freien und fairen Neuwahlen ausruft und am Montag einige EU-Staaten Guaidó anerkennen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe aber seine Unterstützung für Parlamentschef Guaidó ausgedrückt, sagte Kneissl. (APA, red, 2.2.2019)