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Österreich stellt sich gegen den Trend zur Cannabis-Liberalisierung – und schafft dabei Rechtsunsicherheit.

Foto: AP / Richard Vogel

Während international die Zeichen beim Hanf auf Liberalisierung stehen, stellt sich die österreichische Regierung gegen diesen Trend. Im Regierungsprogramm wurden ein "Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen" und eine "Verschärfung einzelner Bestimmungen im Suchtmittelgesetz" angekündigt. Doch die rechtliche Lage bleibt hierzulande verworren und im Fluss.

Rechtlich gibt es mehrere Ansatzpunkte zur Regulierung von Hanf und dessen Wirkstoffen. Umfassend beschränkt oder verboten ist der Umgang mit als Suchtgift klassifizierten Stoffen. Suchtgifte sind nach aktueller Rechtslage nur das Cannabisharz und die Blüten- und Fruchtstände von Cannabispflanzen, wobei Blüten- und Fruchtstände bestimmter Sorten mit einem THC-Gehalt von höchstens 0,3 Prozent ausgenommen sind.

Speziell geregelt ist der medizinische Einsatz von Cannabis; während der Wirkstoff THC in zugelassenen Arzneispezialitäten und magistralen Zubereitungen Verwendung finden darf, ist die Hanfblüte als Arzneimittel (Medizinalhanf) nicht erlaubt. Von vornherein kein Suchtgift sind die sonstigen Bestandteile der Hanfpflanze wie Samen und Blätter und – abgesehen von THC – die im Hanf enthaltenen Cannabinoide, insbesondere das nicht psychotrope Cannabidiol (CBD).

Keine Normwirkung

Ein anderer regulatorischer Ansatz sind spezielle Produktvorschriften. Selbst wenn ein bestimmter Stoff nicht per se als Suchtgift verboten ist, kann seine Verwendung in bestimmten Produkten wie Lebensmitteln dennoch beschränkt oder ausgeschlossen sein. Das ist der Weg, den die Bundesregierung beim Hanf offenbar einschlägt.

Im Herbst letzten Jahres hat das Gesundheitsministerium in einem Erlass seine Rechtsansicht mitgeteilt, wonach aufgrund der – bereits bestehenden – Produktvorschriften die Verwendung von CBD in Lebensmitteln und Kosmetika unzulässig sei.

Erlässe sind an die nachgeordneten Verwaltungsstellen adressierte Weisungen; anders als Gesetzen oder Verordnungen kommt ihnen keine nach außen hin gerichtete Normwirkung zu. In diesem Fall sollte der durch eine Presseaussendung begleitete und auf der Ministeriums-Website veröffentlichte Erlass aber wohl zumindest De-facto-Außenwirkung zeigen, was auch der Fall war. Medienberichten zufolge haben etwa zahlreiche Apotheken mittlerweile CBD-haltige Produkte aus ihren Sortimenten entfernt.

Unscharfer CBD-Erlass

Aus Sicht der Betroffenen und ihrer Rechtsberater sind ministerielle Klarstellungen prinzipiell hilfreich, weil sie die Risikoeinschätzung erleichtern. Der CBD-Erlass ist allerdings unscharf und undifferenziert. Zunächst scheint der Erlass der Verwendung von CBD in Lebensmitteln einen Riegel vorschieben zu wollen.

CBD-haltige Extrakte seien als solche oder in Lebensmitteln eingesetzt "in der Regel" neuartige Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung und mangels Zulassung unzulässig. Bei neuartigen Lebensmitteln wie etwa Chiasamen und getrocknetem Baobab-Fruchtfleisch handelt es sich (vereinfacht) um Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht im Verkehr waren; sie müssen von der EU-Kommission nach einer bestandenen Sicherheitsbewertung zugelassen und in einer Liste kundgemacht werden.

Tatsächlich ist es fragwürdig, ob jegliche Lebensmittel mit CBD-haltigen Extrakten die Definition von neuartigen Lebensmitteln erfüllen. Laut der (rechtlich nicht bindenden) Einschätzung der EU-Kommission sind Cannabis sativa L und Cannabidiol nicht neuartig.

Neuartig seien lediglich Extrakte der Cannabispflanze, deren CBD-Gehalt höher ist als der CBD-Gehalt im Ausgangsstoff. Danach unterliegen zahlreiche hanf- und CBD-haltige Lebensmittel wie Tees, Öle und Mehl nicht den Novel-Food-Vorschriften. Ob der Erlass auch auf diese Produktgruppen abzielt, ist freilich unklar, weil er nicht zwischen den Quellen (natürlich, synthetisch), der Konzentration und der Form des Inverkehrbringens unterscheidet.

Ähnlich undifferenziert ist die im Erlass behauptete Unzulässigkeit der Verwendung von CBD in Kosmetika. Anders als darin angedeutet, ergibt sich aus der europäischen Kosmetikverordnung nämlich kein generelles Verbot der CBD-Verwendung in kosmetischen Mitteln. Auch hier macht es etwa einen Unterschied, ob der Stoff aus den Blüten- und Fruchtständen oder aus den Samen und Blättern der Pflanze gewonnen wird.

Insgesamt fehlt es bei der Verwendung von CBD in Lebensmitteln und Kosmetika derzeit an Rechtssicherheit. Diese wird wohl erst durch die Gerichte und letztgültig den Europäischen Gerichtshof geschaffen werden. (Armin Schwabl, 4.2.2019)