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Flankiert von Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu verkündet Russlands Präsident Wladimir Putin seine Antwort an Washington.

Foto: AP / Alexei Nikolsky

Es dauerte nur wenige Stunden, nachdem Donald Trump die Mitgliedschaft der USA im INF-Vertrag ausgesetzt hatte, da kam bereits die Antwort aus dem Kreml: Russlands Präsident Wladimir Putin verkündete flankiert von zwei Sergejs, links Verteidigungsminister Schoigu, rechts Außenminister Lawrow, dass Moskau nun ebenfalls seine Pflichten zur Einhaltung des Abrüstungspakts ruhen lassen werde.

Russlands Antwort auf das Vorgehen Trumps sei "spiegelgleich", sagte Putin. "Unsere amerikanischen Partner haben erklärt, dass sie ihre Beteiligung am Vertrag stoppen – und wir werden unsere stoppen. Sie haben erklärt, dass sie wissenschaftliche Forschungen und Entwicklungsprojekte betreiben werden – und wir werden sie ebenfalls betreiben."

Keine weiteren Verhandlungen

Darüber hinaus forderte Putin seine Untergebenen auf, von sich aus keine weiteren Verhandlungen über den Fortbestand des Vertrags zu initiieren. Die bestehenden Vorschläge lasse Russland aber auf dem Tisch, fügte er hinzu. Das russische Außenministerium betonte am Sonntag, dass Russland weiterhin dialogbereit sei, sobald die USA "ihre destruktive Linie aufgeben und zum Vertrag zurückkehren". Weitere Zugeständnisse will die russische Führung dabei nicht machen. "Russland hat das Maximum des Möglichen getan, um den Vertrag zu retten", heißt es in einer auf der Webseite des Ministeriums verbreiteten Erklärung.

Im INF-Vertrag hatten sich die USA und die Sowjetunion im Rahmen der atomaren Abrüstung auf die Verschrottung von landbasierten Mittelstreckenraketen und das Verbot der Neuentwicklung solcher Waffen geeinigt. Doch seit Jahren verdächtigen beide Seiten einander, gegen diese Abmachung insgeheim zu verstoßen.

Größter Streitpunkt war dabei die russische Boden-Boden-Rakete 9M729 aus dem Iskander-Komplex, den die russische Führung bereits in der Ostseeexklave Kaliningrad stationiert hat. Laut US-Angaben liegt die Reichweite der 9M729 weit über der zulässigen Höchstgrenze von 500 Kilometer. Der russische Generalstab erklärte bis zuletzt standhaft, der Aktionsradius liege knapp darunter.

Raketen neuen Kalibers

Nach dem Scheitern der Verhandlungen bleibt nicht nur die Iskander-Rakete weiterhin in Betrieb. Putin kündigte bereits die Entwicklung neuer Waffen an. Er forderte seinen Verteidigungsminister Schoigu auf, von der seebasierten Lenkwaffe Kalibr (Nato-Code SS-N-27 Sizzler) eine Landversion zu schaffen. Deren Reichweite dürfte bei 1500 Kilometer liegen.

Mehr noch: Putin erklärte, Russland werde nun auch die Entwicklung einer Hyperschallrakete mittlerer Reichweite vorantreiben. Über solche Hyperschallraketen hatte Putin erstmals im vergangenen März bei seiner Rede zur Lage der Nation gesprochen. Diese Rakete sei von keinem Abwehrsystem aufzuhalten, rühmte er die Entwicklung damals. Erstmals getestet wurde die Langstreckenrakete namens Avantgarde Ende Dezember. Russischen Militärangaben zufolge verlief der Test erfolgreich.

Dennoch wird die Entwicklung einer Mittelstreckenrakete einige Zeit in Anspruch nehmen: Franz Klinzewitsch, einer der "Lautsprecher" der russischen Militärpolitik im Oberhaus des Parlaments, dem Föderationsrat, schätzte die Entwicklungszeit der neuen Rakete auf zwei Jahre. Dann "haben wir den ersten Prototyp", meinte Klinzewitsch, laut dessen Angaben die USA bereits über ähnliche Waffensysteme verfügten.

Europäische Bemühungen

Iwan Moisejew, Forschungsdirektor des Instituts für Raumfahrtpolitik hingegen erklärte, normalerweise dauere die Konstruktion einer solchen Rakete sieben Jahre. Wegen der Computerisierung, wodurch zahlreiche Tests moduliert werden könnten, sei eine Verkürzung des Zeitraums auf fünf Jahre möglich.

Das US State Department reagierte verhalten auf die russischen Ankündigungen. Washington sei bereit, seine Vertragspflichten wieder aufzunehmen, wenn Russland zur überprüfbaren Vertragstreue zurückkehre. "Wenn Russland sein Verhalten nicht ändert", werde der Ausstieg allerdings endgültig.

Ob angesichts der verhärteten Fronten die Initiative europäischer Politiker zur Rettung des INF-Vertrags Erfolg hat, ist fraglich. Sie wollen Russland darum bitten, die umstrittenen Iskander-Raketen weiter nach Osten ins Landesinnere zurückzuziehen, sodass sie keine Bedrohung mehr für Europa darstellen. Im Gegenzug dazu sollen russische Kontrolleure Zugang zu amerikanischen Abschussrampen auf dem europäischen Kontinent bekommen. (André Ballin aus Moskau, 3.2.2019)