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Rund 10.000 Privatpersonen, Geschäftsleute, Mittelständler und Rentner haben zum Teil ihr gesamtes Vermögen verloren.

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Eine Untersuchungskommission hat in Australien Fehlverhalten und Tausende systematischer Verstöße gegen Regeln und Gesetze bei Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltern aufgezeigt. Am Montag wurde der Abschlussbericht vorgelegt. Fazit: Der Sektor müsse Vorschriften und Verhaltensregeln für den Verkauf von Finanzprodukten, Versicherungen und Hypotheken komplett überholen.

Die Kommission machte insgesamt 76 Empfehlungen an die Regierung, mit denen die Führung und Überwachung des Sektors verbessert werden sollen. Gleichzeitig leitete sie 24 Firmen wegen möglicher Verfehlungen oder krimineller Taten zur Untersuchung durch die Finanzaufsichtsbehörden Asic und Apra weiter. Zu den Unternehmen gehören die zwei australischen Großbanken Australia New Zealand Bank (ANZ) und National Australia Bank (NAB) sowie die Versicherungen Comminsure und Allianz sowie der führende Vermögensverwalter AMP.

Hetzjagd gegen Banken

"Gier und Gewinnsucht" seien über Jahre die Treiber der Industrie gewesen, sagte Kommissionsleiter Kenneth Haynes. Wesentliche Bereich der Finanzwirtschaft funktionierten auf Basis von Kommissionen und Gratifikationen. Je mehr ein Berater verkaufe – meist hauseigene Produkte, auch wenn sie schlechter oder nutzlos sind -, desto höher seine Kommission.

"Der Schaden, der an den Betroffenen und der Finanzdienstleistungsindustrie angerichtet wurde, ist groß", sagte Haynes. Die konservative Regierung hatte sich lange gegen die Einsetzung einer Kommission gewehrt. Der frühere Schatzkanzler und heutige Premier Scott Morrison hatte Befürwortern vorgeworfen, eine "Hetzjagd gegen die Banken" zu betreiben. Der Druck aus den Reihen der konservativen Partei und Berichte über teils massive Verfehlungen wurden aber schließlich zu groß.

Gefälschte Unterschriften

Haynes hatte im Verlauf der Untersuchung Tausende von Fällen von Verfehlungen und möglichen kriminellen Verhaltens durch Vertreter von Banken und anderen Finanzdienstleistern aufgedeckt. So hatte eine Bank längst verstorbenen Kunden weiter Gebühren verrechnet. Finanzberater fälschten die Unterschrift von Kunden. Hypotheken wurden von Agenten verkauft, obwohl klar war, dass die Kunden nicht einmal ansatzweise die Mittel hatten, um ihre Schuld zurückzuzahlen.

Rund 10.000 Privatpersonen, Geschäftsleute, Mittelständler und Rentnern, die zum Teil ihr gesamtes Vermögen verloren hatten, berichteten über ihre teils existenzzerstörenden Erfahrungen.

Die Sprecherin der Bankenindustrie, Anna Bligh, zeigte sich in einer ersten Reaktion auf den Bericht zurückhaltend und sprach von einem "neuen Anfang" für die Industrie. Verschiedene Vertreter der Banken hatten im Vorfeld gemeint, eine Verschärfung der Bestimmungen und Regeln würde sich negativ auf das Hypothekengeschäft auswirken. (Urs Wälterlin aus Canberra, 5.2.2019)