Ob sich Christian Meidlinger, Gemeinderat und Vizeparteichef der SPÖ Wien, in seiner Amtszeit als Präsident des Schwimmverbands 2012 wirklich etwas zuschulden hat kommen lassen, wird das Gericht klären. Die politischen Gegner sehen im Betrugsverdacht gegen Meidlinger, der auch Chef einer Teilgewerkschaft ist, einen Riesenskandal und fordern unisono seinen Rücktritt. Rote Gewerkschaftskreise lassen ausrichten, dass der Mann auf jeden Fall völlig unschuldig und ihm bloß eine fingierte Rechnung nicht aufgefallen sei. Und die SPÖ Wien schweigt mit Hinweis auf das laufende Verfahren.

Immer wieder steht man in der Politik vor der Frage, wie Personen in verantwortungsvollen Positionen auf Anklagen reagieren sollen. Immer wieder schreien die politischen Mitbewerber laut "Rücktritt", bevor Schuld oder Unschuld bewiesen ist.

Auch die SPÖ tat das oft, etwa als in Kärnten reihenweise blaue und orange Funktionäre vor den Kadi mussten. Sicher kann man nicht alle Vorwürfe miteinander vergleichen. Doch prinzipiell kann man Vertretern aller Farben nur raten, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen, gerade wenn schwerer Betrug als Verdacht im Raum steht. Dass man im Falle eines Freispruchs zurückkehrt, kann man sich sicher mit den Parteifreunden ausschnapsen. Wenn es dann andere trifft, kann man dafür wieder aus voller Kehle "Rücktritt" rufen. Das wäre glaubwürdig für die politische Kultur. (Colette M. Schmidt, 4.2.2019)