Kunst im öffentlichen Raum zu präsentieren entspricht dem hehren Ansatz, den jahrhundertelang künstlich gepflegten elitären Elfenbeinturm der Kultur zu verlassen und gemäß einem demokratischen Verständnis diese allen Menschen in gleichem Maße zugängig zu machen. Federführend hierbei die Stadt Wien. Stichwort Museum in progress, Stichwort Kör – Kunst im öffentlichen Raum. Kunst im Alltag lässt Passanten zu Teilnehmern einer Wahrnehmungschoreografie werden – wie etwa im November des Gedenkjahres 2018 bei Lukas Kaufmanns luzider Installation leuchtender Davidsterne an Orten des Geschehens, erinnernd an die Verbrechen der Novemberpogrome im Jahr 1938.

Ein anderes herausragendes Projekt jener Spezies fand letzten Sommer in Niederösterreich statt. In einer opulent bebilderten Zeitschrift lässt Festivaldirektor Lois Lammerhuber nun die erste Saison des "Festivals La Gacilly – Baden Photo Revue" passieren.

Knapp 190.000 Menschen besuchten von Juni bis September 2018 die auf einem Parcours durch Stadt und Parklandschaft der Biedermeierstadt Baden subtil versprengten über 2000 großformatige Fotoserien von über 50 Künstlern zum Thema Natur und Umwelt mit Fokus auf eine Terra incognita, Afrika.

Das Festival widmete sich, künstlerisch-ästhetisch, den drängenden gesellschaftlichen und ökologischen, klimatischen, wirtschaftlichen Themen des Globus. Gerade in der Konfrontation des beschaulichen Ortes mit der prekären humanitären Lage der Bevölkerung Afrikas erfuhr die Idee von Festivalgründer Jacques Rocher Inhalt und Leben im Sinne der (sonst so oft rein verbal überstrapazierten) "Nachhaltigkeit". Wider Provinzialismus, Xenophobie und Abschottung. Abgerundet wurde die Bilanz des Natur und Urbanität bespielenden Szenenbilds mit dutzenden Events und Workshops.

Nicht nur aufgrund der künstlerischen Präsenz, sondern auch aufgrund der medialen, internationalen Aufmerksamkeit wird es das Fotofestival – das größte in Mitteleuropa – auch 2019 wieder geben. Der Titel lautet programmatisch "Hymne an die Erde". Geplant ist ein Kunstparcours von sieben Kilometer Länge, gepflastert mit Fotografie. Kurz bevor die Frist für die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt 2024 endete, kursierten sogar Gerüchte, Baden könnte mit dem Leuchtturmprojekt des Fotofestivals zu den Bewerbern um Österreichs Kulturplatzhirschdasein zählen. (Gregor Auenhammer, 5.2.2019)