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US-Präsident Donald Trump hat seine eigenen Leute in Zugzwang gebracht.

Foto: AP Photo/Jacquelyn Martin

Vor knapp fünf Jahren, im Frühjahr 2014, begann sich der Wahnsinn erst abzuzeichnen, der wenig später den Nahen Osten überrollen sollte: Am Höhepunkt der Ausdehnung seiner Macht beherrschte die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) 110.000 Quadratkilometer – zum Vergleich, Österreich hat 84.000 Quadratkilometer – und acht Millionen Menschen. Erst im Laufe des Jahres 2017 wurden die IS-"Hauptstädte" Mossul und Raqqa befreit. Aber auch heute noch wird an einzelnen Orten im Irak und in Syrien gekämpft, und der IS hat noch immer das Potenzial, Anschläge zu verüben.

Dennoch stehen die USA davor, das Ende der im September 2014 gestarteten internationalen Anti-IS-Mission zu verkünden, der zumindest nominell 79 Staaten und Organisationen angehören. US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Versprechen an seinen türkischen Amtskollegen Tayyip Erdogan, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, seine eigenen Leute in Zugzwang gebracht: Sie müssen einerseits behaupten, dass der IS besiegt sei – sonst können die USA ja nicht gut abziehen. Andererseits laufen die Arbeiten an einer Konstruktion, mit der dieser Kampf fortgesetzt werden kann.

Die Resolution des von seinen eigenen Republikanern dominierten Senats vom Montag, in der Trump aufgefordert wird, nicht überstürzt aus Syrien und Afghanistan abzuziehen, hat zwar keine direkten Folgen, aber sie erhöht den politischen Druck.

Politische Destabilisierung

Aber weil das nicht genug ist, legt Trump seinen Leuten noch ein fettes Ei: Aus dem Irak würde er deshalb die Truppen nicht abziehen, weil die Amerikaner von dort aus "den Iran beobachten" wollen. Das ist sozusagen eine Variante seiner Aussage bei seinem Besuch auf einer US-Militärbasis im Irak Ende Dezember, dass man ja auch von dort aus in Syrien eingreifen könnte.

Man hört direkt das Zähneknirschen, wenn ein Vertreter des US-Außenministeriums bei einem Pressebriefing mitteilt: Die US-Truppen seien "auf Einladung der irakischen Regierung, laut dem Strategischen Rahmenabkommen", im Irak. Nein, in diesem noch von Präsident George W. Bush unterzeichneten bilateralen Vertrag steht nichts davon, dass die USA – ohne Einladung – irakisches Territorium für Angriffe auf oder Beobachtungen von angrenzenden Staaten benützen dürfen. Und wenn sich die USA darüber hinwegsetzen und das auch noch zugeben, dann müssen sie eben damit rechnen, dass ihre Forderungen an den Iran, die irakische Souveränität zu respektieren, höhnische Reaktionen hervorruft.

Um die Abstimmung mit der irakischen Regierung kommen die USA nicht herum, wollen sie nicht eine neuerliche politische Destabilisierung des Landes riskieren. Umgekehrt braucht der Irak auch die Hilfe von außen, und die Angst vor zu großem iranischen Einfluss gibt es ebenfalls bei einem Teil des politischen irakischen Spektrums.

Noch schwieriger ist es mit Syrien. Da geht es um die große Frage, wie weit der Pragmatismus gehen kann, was den Umgang mit dem alten – und verbleibenden – Regime von Bashar al-Assad betrifft. Einfach formuliert: Jene stabilen Verhältnisse, die nötig sind, um den IS auch politisch auszuhungern, wird man nur erreichen, wenn man das Kriegsland wieder aufbaut. Und wenn sich die USA völlig verweigern, dann überlassen sie das Terrain erst recht wieder anderen: Russland und, genau, dem Iran. (Gudrun Harrer, 5.2.2019)