Man kann die Neufassung des Paragrafen 219a im deutschen Strafgesetzbuch natürlich so sehen, wie die nun Zufriedenen es tun: Frauen kommen nun leichter an Informationen über Abtreibungen. Das Glas also ist halbvoll, der Kompromiss ein guter.

Doch dem entgegen stehen die weniger Erfreuten, die eine andere Sichtweise haben: Auch nach der Reform werden Ärzte, die über Abtreibungen sachlich informieren wollen, kriminalisiert. Und Frauen, die Hilfe benötigen, müssen sich im Internet von Stelle zu Stelle klicken.

Natürlich schaffen sie das. Es geht hier nicht um die Zumutung, ein paar Seiten mehr aufzurufen. Es geht um den Geist dieser Gesetzesreform, und der ist kein guter.

Immer noch wird so getan, als würde offene Information über Abtreibungen den Eingriff zu einer ärztlichen Leistung unter vielen machen, nach dem Motto: Wer leicht an Infos über Schwangerschaftsabbrüche kommt, der entscheidet sich auch sorglos für die Inanspruchnahme oder wird dadurch erst auf die Idee gebracht.

Das ist Unsinn. Die allermeisten Frauen treffen diese schwierige Entscheidung nach gründlichem Nachdenken und Abwägen. Wer abtreiben lassen will, der tut es auch; mehr oder weniger "versteckte" Infos hindern niemanden.

Man müsste Frauen, die in einer solchen Notlage sind, eigentlich jegliche Unterstützung anbieten und die Hürden über sachliche Informationen so niedrig wie möglich halten. Das tut das neue Gesetz nicht. Das Glas ist halbleer. (Birgit Baumann, 6.2.2019)